Blitz-Rot und ein Debakel: Aufsteiger erleben schlimmen Start


Die Aufsteiger starten unglücklich in die 59. Saison der Fußball-Bundesliga: Während der VfL Bochum sich einen Blitz-Platzverweis abholt, erlebt Greuther Fürth ein Debakel. Ähnlich ergeht es dem FC Augsburg. Der VfB Stuttgart macht sich derweil zum Tabellenführer.

VfB Stuttgart – Greuther Fürth 5:1 (2:0)

Ein begeisternder VfB Stuttgart hat der SpVgg Greuther Fürth gleich zum Start in die neue Saison der Fußball-Bundesliga die Grenzen aufgezeigt. Die Schwaben fertigten den Aufsteiger bei hochsommerlichen Temperaturen mit 5:1 (2:0) ab und setzten sich damit zumindest vorerst an die Tabellenspitze. Kapitän Wataru Endo (30. Minute), Philipp Klement (36.), Marc Oliver Kempf (55./76.) und Hamadi Al Ghaddioui (61.) erzielten die Treffer. “Oh, wie ist das schön”, sang ein Großteil der 18 109 Zuschauer. Jamie Leweling (90.+3) gelang kurz vor Schluss nur noch der Ehrentreffer für Fürth.

Der Sieg gegen die defensiv desolaten Gäste hätte sogar noch höher ausfallen müssen. Was der VfB bei schweißtreibenden 31 Grad gegen den neuen Tabellenletzten ablieferte, war aber auch so beeindruckend. Trotz erheblicher Personalsorgen und ohne Stammkräfte wie Torjäger Sasa Kalajdzic (Corona), Mittelfeldspieler Orel Mangala (Muskelprobleme) und Flügelstürmer Silas Katompa Mvumpa (Kreuzbandriss) zeigten die Schwaben begeisternden Offensivfußball. Immer wieder kombinierte sich der VfB durch die nicht erstligataugliche Defensive der Fürther. Die Gastgeber dominierten den Ball und das Spiel, was mit der Führung belohnt wurde. Nach einer weiteren Kombination auf engstem Raum legte Philipp Förster den Ball auf Endo, der ihn im Strafraum technisch brillant über den herauseilenden Fürther Torhüter Sascha Burchert ins Tor chippte.

Sechs Minuten später erhöhte per Flachschuss Klement, der in der 9. Minute wegen muskulärer Probleme von Atakan Karazor ins Spiel gekommen war. Die Vorlage für das Tor lieferte Klimowicz, der mit einem feinen Pass die Abwehrkette der Gäste ausgehebelt hatte. Mit Tempo und Offensivdrang der Stuttgarter schien der Aufsteiger überfordert, nach einem mutigen Start geriet die Mannschaft von Trainer Stefan Leitl immer stärker unter Druck. Kapitän Branimir Hrgota (10. Minute) hatte per Distanzschuss noch die beste Chance.

Was dagegen die Schwaben zeigten, sorgte auf den Rängen für Überschwänglichkeit. Schon kurz vor der Pause sangen die VfB-Fans “Spitzenreiter, Spitzenreiter”. Und ihre Mannschaft lieferte auch nach dem Seitenwechsel ab, weil die Fürther es ihr aber auch viel zu leicht machten. Will der Aufsteiger in der Bundesliga bestehen, muss er dringend seine löchrige Abwehr in den Griff kriegen. Ansonsten dürften sich Szenen wie beim 3:0, 4:0 und 5:0 wiederholen. Erst kam Kempf zwischen zwei Fürthern frei zum Kopfball, dann traf auch Al Ghaddioui per Kopf. Und auch beim 5:0 konnte Kempf wieder unbedrängt einnicken. Borna Sosa hatte jeweils per Flanke vorgelegt. Danach hätten die Stuttgarter ihre Führung sogar noch ausbauen müssen, sie vergaben aber teils beste Chancen. Deutlich bitterer für den VfB wiegt dagegen die wohl schwere Verletzung von Mohamed Sankoh. Der 17-Jährige musste nach einem Zusammenprall mit Fürths Keeper Burchert mit der Trage vom Platz gebracht werden (69.).

VfL Wolfsburg – VfL Bochum 1:0 (1:0)

Der VfL Bochum hat nach elf Jahren Zweitklassigkeit eine bittere Rückkehr in die Fußball-Bundesliga erlebt. Nach einer frühen Roten Karte verlor der Aufsteiger mit 0:1 (0:1) beim VfL Wolfsburg. Wout Weghorst bescherte dem neuen “Wölfe”-Coach Mark van Bommel mit seinem Tor in der 22. Minute einen erfolgreichen Einstand als Bundesliga-Trainer. Der hätte nach dem Platzverweis für den Bochumer Robert Tesche (4.) und einem verschossenen Handelfmeter des Niederländers (5.) allerdings noch höher ausfallen können. Obwohl der Champions-League-Teilnehmer in der letzten halben Stunde stark nachließ, gaben dieser Erfolg und die Rückkehr von 8536 Zuschauern in die Volkswagen Arena den Wolfsburgern nach ihrem Wechselfehler im DFB-Pokal und ihrer Niederlagen-Serie während der Saisonvorbereitung erst einmal wieder ein besseres Gefühl.

Die Bochumer dagegen bekamen schon bevor sich alle Fans gesetzt hatten ein Gespür dafür, wie groß die Qualitäts- und Tempo- Unterschiede zwischen erster und zweiter Liga sind. Nach 52 Sekunden schoss U21-Europameister Ridle Baku den Ball an die Latte. Nach dem folgenden Eckball brach dann das Unglück über den Aufsteiger herein. Denn Tesche verlängerte einen Kopfball von Renato Steffen mit dem Arm an den Pfosten. Schiedsrichter Frank Willenborg wollte zunächst weiterspielen lassen, bekam dann aber ein Signal seines Videoassistenten. Die Entscheidung nach dem Studium der bewegten Bilder: Handelfmeter für Wolfsburg und die Rote Karte für den 34 Jahre alten Routinier, weil er regelwidrig ein Tor für den Gegner verhindert hatte.

Dass Torwart Manuel Riemann den schwach geschossenen Strafstoß von Weghorst parierte, bescherte den Bochumern aber nur ein kurzes Erfolgserlebnis. Denn fortan waren sie nur noch mit Verteidigen beschäftigt. Und ging bloß eine Viertelstunde gut. Wolfsburg war zumindest eine Stunde lang drückend überlegend und spielte dabei variabel und geduldig. Der verschossene Elfmeter machte den Favoriten nicht nervös. An der Arbeit des früheren Bayern-Kapitäns van Bommel waren nicht nur wegen des fatalen Wechselfehlers beim Pokalspiel in Münster schon erste leise Zweifel aufgekommen. Eine Schwierigkeit bestand in seinen ersten Wochen beim VfL auch darin, dass der 44-jährige Niederländer den kernigen Konterfußball seines Vorgängers Oliver Glasner gern um die Komponenten Ballbesitz und Kurzpassspiel erweitern möchte und seine Spieler mit dieser Umstellung sichtlich fremdelten.

Gegen einen Gegner wie Bochum, der sich notgedrungen mit neun Spielern im und am eigenen Strafraum verschanzte, taten die Elemente des Van-Bommel-Fußballs dem VfL lange Zeit sehr gut. Die schwache Chancenverwertung sowie ein Verlust von Kraft und Konzentration nach einer Stunde wurden für den neuen Trainer aber immer mehr zum Ärgernis.

Zunächst vergaben Weghorst (46./55.), Jerome Roussillon (48.) und Baku (52.) noch mehrere Möglichkeit, alles klarzumachen. Danach verloren die Wolfsburger aber ihre Linie und einige Zuschauer immer mehr die Geduld. Doch die Bochumer waren nach vorne zu harmlos, um das ausnutzen zu können. Die einzige gute Konterchance vergab Milos Pantovic in der 77. Minute.

1. FC Union Berlin – Bayer Leverkusen 1:1 (1:1)

Union Berlin hat seine beeindruckende Heimserie auch zum Saisonauftakt fortgesetzt und Bayer Leverkusens neuem Trainer Gerardo Seoane nur einen Punkt zum Debüt gewährt. Taiwo Awoniyi (7. Minute) für die Eisernen und Moussa Diaby (12.) für die Werkself erzielten vor rund 11.000 Zuschauern im Stadion an der Alten Försterei die frühen Tore zum 1:1 (1:1) im Duell der beiden Europacup-Starter. Die Berliner blieben damit auch im 17. Liga-Heimspiel in Serie ungeschlagen. Der Punktgewinn gibt ihnen zudem ein gutes Gefühl vor der Reise zu ihrem Playoff-Hinspiel in der Conference League am Donnerstag nach Helsinki gegen Kuopio PS – dem ersten internationalen Pflichtauftritt seit 20 Jahren.

Bayer-Coach Seoane bekam noch vor dem Anpfiff die volle Dosis. Die Kulisse im Stadion an der Alten Försterei war auch bei nur halber Auslastung der Arena stimmgewaltig. Patrik Schick (2.) hätte der guten Laune in Berlin-Köpenick schnell einen Abbruch bereiten können. Der tschechische EM-Torjäger scheiterte aber nach einem Ausrutscher von Timo Baumgartl freistehend an Union-Torwart Andreas Luthe. So schnellte das eiserne Spaß-Barometer bald in die Höhe. Erst war Max Kruse (6.) im Abschluss noch zu unentschlossen, dann zeigte Awoniyi, warum ihn die Berliner nun fest vom FC Liverpool verpflichtet haben. Sein Schuss von der Strafraumgrenze schlug hinter Lukas Hradecky im Bayer-Tor ein. Jubelnd sank der Nigerianer auf die Knie. Leverkusen reagierte cool. Diaby zündete wenige später den Turbo und ließ Luthe mit einem Flachschuss keine Chance.

Die Gäste dominierten mit deutlichen technischen Vorteilen das Mittelfeld, in dem bei Union Robert Andrich überraschend fehlte. “Adduktorenprobleme” plagten den Abräumer, hieß es. Vermutlich waren es auch die Wechselambition Richtung Bayer, ob noch in diesem August oder erst für die kommende Saison, werden die nächsten Tage zeigen.

Union-Trainer Urs Fischer hatte die Favoritenrolle energisch Bayer und seinem Schweizer Landsmann Seoane zugeschoben. Tatsächlich entwickelte sich aber ein Duell auf Augenhöhe ohne großen Attraktivitätsfaktor. Leverkusen wusste mit seinen fußballerisch besseren Mitteln nicht viel anzufangen. Union stand traditionell kompakt und hoffte auf offensive Umschaltmomente. Genki Haraguchi (53.) verzettelte sich wie Levin Öztunali (68.) im Strafraum. Den Union-Fans verstanden die Aktionen als Aufbruchsignal – vergeblich. Fischer brachte in Cedric Teuchert für Kruse (73.) einen deutschen Olympia-Fahrer für den anderen. Seoane zog mit der Einwechslung seines brasilianischen Olympiasiegers Paulinho nach. Teuchert (85.) bot sich noch eine Chance aus spitzem Winkel, einen Kopfball von Marvin Friedrich (86.) hielt Hradecky sicher.

FC Augsburg – TSG Hoffenheim 0:4 (0:1)

Bei der ersehnten Rückkehr seiner Fans hat der FC Augsburg die Fußball-Party den abgezockten Gästen aus Hoffenheim überlassen müssen. Angeführt vom dreifachen Torvorbereiter Andrej Kramaric gewann die spielerisch reifere TSG vor 9124 Zuschauern in der Augsburger Arena am Ende hoch mit 4:0 (1:0). Jacob Bruun Larsen (37. Minute), die Einwechselspieler Sargis Adamyan (79.) und Georginio Rutter (87.) sowie Sebastian Rudy (90.+5) ließen 1899-Trainer Sebastian Hoeneß am Spielfeldrand jubeln. Hoffenheim spielte bei hohen Temperaturen ganz cool und effizient. Der FCA brach am Ende auseinander und ließ sich abschießen.

Nach einer fast kompletten Heimspiel-Saison ohne Fans wirkte die Rückkehr des Publikums beflügelnd für die Akteure auf dem Platz. Die Augsburger – mit dem sieben Millionen Euro teuren U21-Europameister Niklas Dorsch als einzigem Neuzugang in der Startelf – versuchten es mit typischem Markus-Weinzierl-Fußball: Aggressiv im Zweikampf und im Vorwärtsgang schnörkellos, mit Tempo und langen Bällen. In Tornähe fehlte meist die Präzision, auch im Abschluss. Ruben Vargas spitzelte den Ball nach einem feinem Pass von Fredrik Jensen in den Strafraum knapp am Tor vorbei (22.). Später war es Jensen, der eine Ablage von Florian Niederlechner hoch übers Tor verzog (45.).

Die Hoffenheimer waren bemüht, kontrolliert von hinten aufzubauen. Es brauchte eine gewisse Anlaufzeit, bis die Aktionen, oft vorgetragen über rechts, zielstrebiger wurden. Andrej Kramaric zwang FCA-Torwart Rafal Gikiewwicz zu einer ersten Parade (35.). Kurz darauf jubelten das Gäste-Team von Trainer Sebastian Hoeneß: Kramatic flankte vom rechten Flügel. FCA-Verteidiger Robert Gumny stand schlecht, in seinem Rücken kam Bruun Larsen erfolgreich zum Kopfball. Erwartungsgemäß erzeugten die Augsburger nach der Pause viel Druck, gingen mehr ins Risiko. Hoeneß wechselte rasch Neuzugang David Raum aus, dem – schon verwarnt – ein Platzverweis drohte (52.).

Die Hektik nahm zu. Vehement forderten die FCA-Profis etwa einen Handelfmeter, Schiedsrichter Felix Brych winkte aber energisch ab (60.). Weinzierl brachte frische Offensivkräfte und wechselte auch den von Hertha BSC ausgeliehenen U21-Europameister Arne Maier ein. Hoffenheim nutzte aber nun die offenen Räume bei den Kontern. Der starke Kramaric verpasste das vorentscheidende 2:0 noch, als er im Strafraum frei zum Abschluss kam, aber FCA-Keeper Rafal Gikiewicz grandios hielt (76.). Kurz darauf war es aber so weit: Kramaric spielte Adamyan im Strafraum wunderbar frei. Der eingewechselte Angreifer konnte locker einschießen. Das dritte Tor des 19-jährigen Rutter und das 4:0 von Ex-Nationalspieler Rudy waren die Zugabe.

Arminia Bielefeld – SC Freiburg 0:0

Arminia Bielefeld und der SC Freiburg sind mit einem 0:0 in die Saison gestartet. Die erste Nullnummer der Spielzeit 2021/22 war dennoch ein unterhaltsames Spiel. Die Badener punkteten damit zum ersten Mal seit 1987 und nach vier Niederlagen bei den Ostwestfalen, für die der fünfte Erfolg hintereinander gegen denselben Verein einen Klubrekord bedeutet hätte.

Beide Teams begannen durchaus schwungvoll, gewährten dem Gegner mit ihrer taktischen Disziplin aber zunächst kaum Torgelegenheiten. Die erste gab es demnach nach einer Ecke, als Ortega den Kopfball von Nicolas Höfler parierte (18.). Auch die zweite gute Chance hat Freiburg. Wieder nach einer Standard-Situation. Doch Ortega hielt auch gegen Nico Schlotterbeck, der nach einem Freistoß von Vincenzo Grifo aus kurzer Distanz zum Schuss gekommen war (31.). Die beste Chance der Arminia vor der Pause war noch ein Schuss von Lasme, der aus 20 Metern verzog (26.).

Doch keine zwei Minuten nach der Pause hätte Masaya Okugawa die Bielefelder in Führung bringen müssen. Der Japaner tauchte alleine vor SC-Keeper Mark Flekken auf, agierte aber im ersten wie im zweiten Versuch zu hektisch. Danach drehte Freiburg wieder auf, doch Ortega war weiter in Top-Form, parierte gegen Lucas Höler (55.) und Jonathan Schmid glänzend (57.). Die Freiburger schienen dem Siegtreffer meist näher, in der Nachspielzeit köpfte der eingewechselte Ermedin Demirovic knapp daneben.

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