Eiskunstlauf Ü35: Einmal Blamage auf Eis bitte?

Mit 14 war ich verliebt, in all die süßen Skater Boys, die sich im Winter auf der Eisbahn tummelten und nur so an einem vorbei rauschten, dass es mich beinahe aus den Kufen gehauen hätte. Was andere nervig fanden, fand ich unglaublich sexy. Eine Mischung aus Neid und absoluter Bewunderung. Die Jungs mussten eigentlich nicht mal besonders gut aussehen, allein dieses mühelose Gleiten über die Eisbahn, das kratzende Geräusch beim Bremsen und die atemberaubende Geschwindigkeit, mit der sie in die Kurven gingen. Hach ja, wie gern wollte ich eine von ihnen sein.

Ein ganz besonderes Skater Girl. 

Irgendeine aberwitzige Zeitmaschine hat mich mittlerweile 20 Jahre weiter katapultiert. Inzwischen 35 Jahre alt, frisch getrennt, mit jeder Menge Liebeskummer, leider aber auch den gleichen Skater-Skills wie mit 14  im Gepäck, finde ich mich auf der Eisbahn wieder. Ich hatte mich zum Probetraining angemeldet, aus der festen Überzeugung heraus, in mir würde eine super krasse Schlittschuhläuferin stecken. In Ermangelung an Kursen für die coolen Freestylerinnen unter uns, die ich ja eigentlich werden wollte, meldete ich mich einfach beim hiesigen Sportverein zum Eiskunstlauf an. Schnellfahren, cool Bremsen, rückwärts, vorwärts, seitwärts – lern’ ich da auch alles, dachte ich. Muss ja nicht gleich eine Eisprinzessin werden. Was ich nicht wusste: Das hier waren die Fortgeschrittenen…und ich. 

Der Elefant und der Porzellanladen

Gespornt und gestiefelt komme ich also an, zu meinem Probetraining. Mit im Gepäck meine alten Schlittschuhe (Modell Billo-Eishockey) und eine nicht besonders elegante Sporthose. Und wie ich nun die Tür zur Umkleidekabine öffne, merke ich: Hallo, hier bist du falsch. Zarte Elfen in Leggings und mit eleganten, ledernen Schlittschuhen wohin ich auch sehe. Ich schäme mich und das wiederum ärgert mich. Immerhin scheinen einige in meinem Alter zu sein – ein Hoffnungsschimmer. Dennoch bin ich versucht einfach wieder umzudrehen. Andererseits: Was soll schon Schlimmes passieren. Mehr als zum Vollhorst machen, kann ich mich ja nicht.

Achtung: Ei auf Kufen

Während die Eiskunstläuferinnen also elegant ihre Runden drehten und ihre Sprünge übten, bekam ich jedesmal einen kleinen Herzinfarkt und fahre in der gleichen Zeit, wie von der Trainerin angeordnet, Eier. Japp, Eier fahre ich, elegant vorwärts, elegant rückwärts, gefühlt stundenlang und unter den mitleidigen Blicken der Fortgeschrittenen. Und nach den Eiern gleite ich, leicht wie eine Feder, liiiiiinnnnnkkkkksssss, reeeeecchhhhhtttssss. Bis sich meine Kufe verkantet und ich auf meinem Hintern lande. Das tut weh und ist demütigend. Auch noch circa sieben Tage später. 

Wie lang kann eine Stunde sein?

Schon als sie das erste Mal von Eiern sprach, war mir klar: Das wird eine sehr lange Stunde. Und das wurde es auch. Zwischendurch dachte ich ernsthaft darüber nach, einen verstauchten Knöchel vorzugaukeln, dachte dann aber: ” Lieber nicht, Karma fights back.” Also setzte ich mein stolzestes Eisprinzessinnen-Gesicht auf und fuhr Eier. Von nichts kommt ja auch nichts. Als ich der netten Trainerin allerdings im Nachhinein erklären wollte, was genau ich eigentlich lernen wollte, war schnell klar: Nichts mit coolen Moves, hier wird geschwebt und gesprungen. Das gute an dem Experiment: Ich weiß jetzt, was ich schon mal nicht will.