Geopolitical shifts and internal challenges are complicating the formation of the new EU Commission, initially aimed for December 1. President Ursula von der Leyen’s carefully balanced team faces potential blockades in Parliament, particularly concerning controversial candidates like Raffaele Fitto. While some factions express support, others threaten to withdraw, jeopardizing the required two-thirds majority. Ongoing negotiations may delay the Commission’s launch, with a parliamentary vote scheduled for November 27 amidst rising tensions and strategic maneuvering among political groups.
Herausforderungen bei der Bildung der EU-Kommission
Angesichts der geopolitischen Herausforderungen und der sich wandelnden Machtverhältnisse in den USA könnte man erwarten, dass die EU umgehend eine neue Kommission aufstellt. Ursprünglich war der 1. November als Zieltermin vorgesehen, doch nun peilt man den 1. Dezember an. Allerdings ist auch dieses Datum alles andere als sicher – eine Blockade im Parlament könnte zu einem ernsten Problem für Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen werden. Ihr sorgfältig ausgewogenes Gremium, das nach Parteizugehörigkeit, Kompetenz, Geschlecht und geografischem Ursprung zusammengestellt wurde, könnte auseinanderfallen.
Der komplizierte Prozess der Kommissionsbildung
Die “Regierungsbildung” in der EU ist ein komplexer Prozess, da die Kommission sowohl exekutive als auch legislative Funktionen hat. Präsidentin von der Leyen wurde bereits im Juli von Parlament für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Anschließend vergab die Deutsche Portfolios an die Kommissionskandidaten, die von den 26 anderen Mitgliedstaaten vorgeschlagen wurden. Bevor diese jedoch ihr Amt antreten können, müssen sie auch vom EU-Parlament bestätigt werden. Für die Abgeordneten, die sich oft benachteiligt fühlen, da sie kein Recht zur Gesetzesinitiative haben, ist dies ein Moment des Triumphes, in dem sie endlich ihre Muskeln spielen lassen können.
Die Anhörungen, die im EU-Jargon auch als “Grilling” bekannt sind, fanden in der letzten und dieser Woche statt. Der Verlauf war lange Zeit eher unspektakulär – die Kandidaten schnitten in den jeweiligen Anhörungen, die mindestens drei Stunden dauerten, mehr oder weniger gut ab. Mit einer Ausnahme – der ungarische Oliver Varhelyi, der aufgrund der notorischen Opposition seines Landes zur EU-Führung in der Kritik steht – erhielten alle das grüne Licht von den zuständigen Ausschüssen.
Die Auswahl verlief zu Beginn so reibungslos, dass Lobbyorganisationen tief in ihre Trickkiste greifen mussten, um etwas Aufregung zu erzeugen: “Popcorn & Politics” hieß eine Veranstaltung, bei der man die Anhörung des griechischen designierten Kommissars bei Fast Food und Dosenbier verfolgte.
Als es nun um die wirklich bedeutenden Positionen ging, war von dieser entspannten Atmosphäre nicht mehr viel übrig: Am Dienstag, der als “Super Tuesday” in Anlehnung an die amerikanischen Vorwahlen bezeichnet wurde, fanden die Anhörungen der sechs designierten Vizepräsidenten statt. Allerdings halten die Abgeordneten momentan ihre Bestätigung en masse zurück.
Im Kern geht es weniger um die Auftritte selbst, sondern um parteipolitische Manöver. Ein Name steht im Mittelpunkt: Raffaele Fitto, der Kandidat, den die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni von der rechtsextremen Partei Fratelli d’Italia nach Brüssel schicken möchte. Im Vergleich zu seinen Parteikollegen gilt Fitto als relativ pro-europäisch. Er war jahrelang EU-Abgeordneter und ist Minister für europäische Angelegenheiten im Kabinett Meloni. Entsprechend präsentierte er sich während seiner Anhörung: “Ich bin nicht hier, um eine politische Partei zu vertreten. Ich bin nicht hier, um einen Mitgliedstaat zu vertreten. Ich bin hier, um mein Engagement für Europa zu bekräftigen,” sagte er gleich zu Beginn.
Die Linke im Rat glaubt ihm jedoch nicht. Mehrere Vertreter hinterfragten ihn zu der postfascistischen Vergangenheit seiner Partei und waren mit seinen Antworten unzufrieden, obwohl er ihnen höflich – und ironisch – für die “respektvollen Fragen” dankte. Die Sozialdemokraten und Grünen könnten akzeptieren, dass Fitto Kommissar wird. Doch dass von der Leyen ihn zu einem der sechs einflussreichen Vizepräsidenten machen möchte, ist für sie zu viel. Sie drohen nun, den Italiener nicht zu unterstützen, was bedeuten würde, dass die erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht erreicht wird. Zudem soll auch Varhelyi ein weiteres Portfolio zugewiesen werden.
Die bedeutendste Partei im Parlament, die Christdemokratische Volkspartei (EPP), zu der auch von der Leyen gehört, möchte Fitto ihre Stimme geben. Der Konsens besteht darin, dass er wiederholt seine pro-europäische Haltung unter Beweis gestellt hat, und Italien, als einer der größten Mitgliedstaaten, ein Recht auf eine Spitzenposition hat. Für die Linke stellt diese Position einen Verrat an der “pro-europäischen, demokratischen Allianz” dar, die von der Leyen im Juli gewählt hat – im Unterschied zu Fittos Fraktion, den Europäischen Konservativen und Reformisten (ECR). Doch seit dem Sommer hat die EPP bereits mehrfach gezeigt, dass sie bereit ist, die von der Linken favorisierte Firewall gegen die ECR und weitere rechte Fraktionen je nach Thema zu durchbrechen.
In jedem Fall droht die Volkspartei nun, einen sozialdemokratischen Kandidaten “abzulehnen”, falls ihre Partei ihre Blockadehaltung nicht aufgibt. Dies betrifft die Spanierin Teresa Ribera, die nicht nur das wichtige Dossier für Wettbewerb und grüne Transformation erhielt, sondern auch eine der Vizepräsidentenpositionen. Derzeit ist sie Teil der spanischen Regierung als Ministerin für ökologische Transformation.
Während ihrer Anhörung stolperte Ribera mehrmals – unter anderem, weil sie Abgeordnete der spanischen Partido Popular mitverantwortlich für die Flutkatastrophe in Valencia machte. Die EPP stellt zwei Bedingungen für ihre Unterstützung: dass sie sich im heimischen Parlament erklärt und dass sie im Falle einer strafrechtlichen Untersuchung zurücktreten würde. Das zweite Versprechen dürfte für Ribera schwer zu erwirken sein.
In diesen parteipolitischen Spielen ist immer eine beträchtliche Menge Bluff im Spiel. Jede Fraktion versucht, das für sich vorteilhafteste Ergebnis zu erzielen und stellt maximale Forderungen. Aus heutiger Sicht ist das wahrscheinlichste Szenario, dass sich die Fraktionen auf einen Kompromiss einigen und die 26 offenen Kommissionsposten vergeben werden können. Von der Leyen hat sogar selbst interveniert und sich in dieser Woche mehrmals mit den Spitzenvertretern der entscheidenden Parteien getroffen. Ein vorläufiger Termin für die parlamentarische Abstimmung über das gesamte Gremium wurde bereits festgelegt: der 27. November.
Dennoch ist ein Aufruhr alles andere als ausgeschlossen. Mindestens bis zur nächsten Woche werden die Verhandlungen hinter den Kulissen weitergehen. Sollten einzelne Kandidaten aus den Mitgliedstaaten tatsächlich ersetzt werden müssen, könnte das neue Team möglicherweise nicht wie geplant am 1. Dezember starten. Und wenn die Parteien sich nicht zusammenraufen können, könnte das sorgfältig austarierte Kartenhaus von von der Leyen zusammenbrechen.