Lehrerin seit 30 Jahren: “Schüler kann man nicht einfach vollquatschen”

Wie haben Sie die Aufmerksamkeit Ihrer Schüler für sich gewonnen?

Um sie zu erreichen, kann man nicht nur vor ihnen stehen und sie vollquatschen, man muss kreativ werden. Vor dem eigentlichen Unterricht ging oft Zeit für Erziehung und Krisengespräche drauf. Gerade die Schüler an sogenannten Brennpunktschulen sind sehr offen und ehrlich, aber sie intrigieren nicht.

Eine gute Atmosphäre und kreative Ansprachen sind also der Trick?

Genau, ich habe zum Beispiel versucht, bildhaft zu erklären, auch mal einen Witz einzustreuen, private Anekdoten … Im Grammatikunterricht habe ich mir lustige Sätze ausgedacht, in denen die Schüler vorkamen. Bei einer Klasse aber hatte ich die Faxen dicke, da habe ich die Stunde so vorbereitet, dass sie sie selbst halten konnten, die Schüler also eingebunden, das hat ihnen richtig Spaß gemacht.

Und wenn dann doch mal Langeweile aufkam?

Dann bekommt man Disziplinprobleme. Die Schüler hören nicht zu, bleiben nicht sitzen. Einmal hatte ich welche, die Putz aus den Wänden gepopelt haben, jede Stunde sind die Löcher größer geworden.

Haben Sie da die Kurve gekriegt?

Mit immer neuen Ideen, ja. Anders geht es nicht.

Kann man auch mal nichts sagen?

Das nennt sich dann “stumme Impulse”. Sie können zum Beispiel Behauptungen an die Tafel schreiben und auf Reaktionen warten oder ein provokantes Bild aufhängen und nichts dazu sagen. Man muss nicht immer sabbeln.

Hat Sie das Desinteresse der Schüler ab und an geärgert?

Klar! Manchmal gibt es Dinge, die einem wichtig sind. Einmal habe ich sehr enthusiastisch Kästner vorbereitet – kein Interesse! Ich habe die Enttäuschung für mich behalten. Wenn die merken, dass man missionarisch drauf ist, lassen die einen am ausgestreckten Arm verhungern.

FRAU FRYDRYCH schreibt auch Bücher wie “Man soll den Tag nicht vor dem Elternabend loben”, Piper, 11 Euro.