Mohammed Shakshir, a furniture businessman from Nablus, begins his day early, navigating increasingly perilous checkpoints while traveling to Ramallah to sell his products. Since the outbreak of war on October 7, 2023, life for Palestinians in the West Bank has drastically changed, with heightened violence and security measures. Shakshir’s sales have plummeted, and his operations have become more challenging due to the risks associated with travel. Despite his relative wealth, he has taken on roles previously handled by employees due to their fears of the current situation.
Die Sonne ist noch nicht aufgegangen, als Mohammed Shakshir hinter dem Steuer seines großen Transporters Platz nimmt. „Momentan sieht es an den Checkpoints gut aus“, sagt der Geschäftsführer eines Möbelunternehmens und öffnet die Telegram-Gruppen auf seinem Telefon. „Yalla, wir fahren.“
Es ist sechs Uhr morgens an einem winterlichen Donnerstag. Der 50-jährige Unternehmer aus Nablus, einer großen Stadt im Norden des Westjordanlandes, nimmt einen Schluck Kaffee aus seinem Pappbecher, zieht die Handbremse an und startet den Motor. Drei Mal in der Woche fährt der Inhaber einer großen Möbelmanufaktur von Nablus nach Ramallah, um dort seine Stühle und Tische zu verkaufen.
Vor mehr als einem Jahr sahen Mohammed Shakshirs Morgen ganz anders aus: Er stand nicht um fünf Uhr auf, sondern gegen acht. Danach frühstückte er mit seiner Frau und fünf Kindern und verließ das Haus zwischen zehn und elf Uhr. Das war vor dem Krieg, als die Straßen noch frei waren.
Das Massaker von Hamas am 7. Oktober 2023 und der anschließende Krieg haben unermessliches Leid nicht nur für Israel und die Palästinenser im Gazastreifen gebracht. Auch das Leben der rund drei Millionen Palästinenser im Westjordanland, das Israel seit 1967 besetzt hält, hat sich seit Kriegsbeginn stark verändert.
Angriffe durch jüdische Siedler haben zugenommen, militärische Einsätze durch israelische Soldaten sind rigoroser geworden, und terroristische Anschläge palästinensischer Gruppen sind tödlicher. Die neue Realität ist vor allem auf den Straßen sichtbar: Laut UN gab es im November 793 israelische Checkpoints und Straßensperren im Westjordanland, über 200 mehr als vor Kriegsbeginn.
Die Welt der Checkpoints
Die Checkpoints der israelischen Armee sind im Westjordanland längst allgegenwärtig. An den Übergängen nach Israel gibt es feste Grenzposten, an denen manchmal über zwei Dutzend Soldaten stationiert sind.
Innerhalb des Westjordanlandes sind die Checkpoints kleiner. Sie bestehen aus ein paar Betonblöcken und einem kleinen Wachturm. Nur wenige Soldaten stehen dort Wache, oft kaum älter als 20 Jahre. Dann gibt es die „fliegenden Checkpoints“, die mit wenigen Militärfahrzeugen innerhalb von Minuten fast überall eingerichtet werden können.
Wenn alles gutgeht, benötigt Shakshir etwa eine Stunde für die rund sechzig Kilometer von Nablus nach Ramallah. „Aber einmal habe ich sechs Stunden an einem Checkpoint gewartet“, erzählt er. Zu diesem Zeitpunkt hatte die israelische Armee Nablus abgeriegelt. „Man weiß nie, was einen erwartet.“
Aus israelischer Sicht sind die Checkpoints notwendige Sicherheitsmaßnahmen: Laut dem Verteidigungsministerium sind die palästinensischen Angriffe im Westjordanland im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 350 Prozent gestiegen.
Mohammed Shakshirs Fahrt nach Ramallah verläuft heute nach Plan. Auf dem Weg passiert er vier Checkpoints, die entweder an diesem Tag unbesetzt sind oder die er ohne Kontrolle passieren kann.
Shakshir fährt auf der Route 60, der Nord-Süd-Achse des Westjordanlandes. Es ist eine der Straßen, auf denen sowohl palästinensische als auch israelische Autos fahren dürfen. Wie lange das noch möglich sein wird, ist ungewiss: weiter südlich werden derzeit neue Straßen parallel zur Route 60 gebaut, die nur von israelischen Fahrzeugen genutzt werden dürfen. Palästinenser sind auf diesen „Siedler-Autobahnen“ nicht willkommen.
„Wir fragen uns nicht mehr: ‚Wie geht es dir?‘, wenn wir uns sehen“, sagt Mohammed Shakshir mit einem Lächeln. „Stattdessen fragen wir: ‚Wie stehen die Straßen?‘ Denn die Straßen spielen jetzt eine so große Rolle in unserem Leben.“
Die Checkpoints und ihre wirtschaftlichen Folgen
Kurz nach sieben Uhr erreicht Shakshir Ramallah und parkt den weißen Lieferwagen vor seinem Geschäft. Er schließt auf, hebt das Metallgitter an und stellt seine Stühle nach draußen. Diese Filiale hat er vor sieben Jahren in Ramallah eröffnet.
Seit Kriegsbeginn ist dieser Verkaufsraum für ihn unverzichtbar geworden. Seine Kunden, die nicht aus dem Nablus-Gebiet stammen, kommen kaum noch in seinen anderen Laden im Norden – sie wollen die Checkpoints vermeiden.
In den 2.500 Quadratmeter großen Fabrikräumlichkeiten biegen seine vierzehn Mitarbeiter Stuhllehnen und hämmern an Metallteilen. „Ich habe noch keinen meiner Arbeiter entlassen“, sagt Shakshir. Aber sie arbeiten keine Überstunden mehr und verdienen weniger. Wie hoch sein Umsatz genau ist, möchte der Unternehmer nicht verraten. „Aber ich kann sagen: Heute verdiene ich nur ein Drittel von dem, was ich vor dem Krieg verdient habe.“
Laut der örtlichen Handelskammer hat sich das Handelsvolumen in Nablus seit Kriegsbeginn um 60 Prozent verringert, und auch der Tourismussektor ist stark betroffen. Nablus liegt in einem Tal und hat drei wichtige Zufahrtsstraßen – auf allen befinden sich israelische Checkpoints. Manchmal blockiert die israelische Armee alle Zugangsstellen und lässt niemanden hinein oder hinaus.
Dennoch bleibt Mohammed Shakshir relativ wohlhabend. Vor dem Verkaufsraum in Nablus stehen seine zwei brandneuen deutschen Autos, und sein Haus neben der Fabrik ähnelt einer Villa. Seit sieben Jahren ist er Geschäftsführer des Familienunternehmens, das 1959 von seinem Vater und Onkel gegründet wurde. In dem hell erleuchteten Verkaufsraum in Nablus sind Dutzende Modelle von Tischen und Stühlen ausgestellt. In seinem Büro lehnt sich der Geschäftsmann tief in den gepolsterten Stuhl zurück. Er spricht leise. Mohammed Shakshir ist es offensichtlich gewohnt, dass man ihm zuhört, wenn er spricht.
„Vor dem Krieg machten Araber in Israel 40 Prozent meines Umsatzes aus“, sagt der Unternehmer. Doch durch die Checkpoints kommen sie kaum noch ins Westjordanland, besonders nicht nach Nablus. „Wenn du für die Fahrt dorthin zwei Stunden und für die Rückfahrt zwei Stunden brauchst, kommst du natürlich nicht mehr.“ Außerdem haben viele potenzielle Kunden Angst aufgrund der angespannten Situation.
Trotz seines Reichtums hat der Unternehmer seit Kriegsbeginn Aufgaben übernommen, die er zuvor einfachen Mitarbeitern überlassen hatte. „Heute fahre ich selbst den Lieferwagen zu unserem Geschäft in Ramallah“, sagt er. „Meine Arbeiter wollen nicht mehr fahren. Sie haben Angst vor den