Nina & Lara: “Familie ist ein Gefühl von Zuhause”

Vater, Mutter, Kind oder Mutter mit Kind, Vater mit Kind, Patchworkfamilie oder gleichgeschlechtliche Paare mit Kind – Familie zeigt sich in den verschiedensten Formen. Die unterschiedlichen Konstellationen sind schon lange keine Seltenheit mehr, alleine in Deutschland waren 2018 etwa 2,5 Millionen Menschen alleinerziehend. Sie wuppen Alltag und Erziehung ohne Partner an der Seite. Ein gutes Netzwerk aus Familie und Freunden ist wohl bei jeder Familienkonstellation von Vorteil – das beweisen auch Nina und Lara (27), die nicht nur Zwillinge, sondern außerdem ein echtes Familien-Powerteam sind!  

Twinteam: “Wir fühlen uns als Familie häufig ausgegrenzt”

Als Nina mit Lea (heute 5) schwanger war, entschied sich der Vater schon früh gegen das Kind. Schwester Lara sprang an dieser Stelle ein – und tut es bis heute. Gemeinsam meistert das Twinteam, wie sie sich nennen, jeden Tag aufs Neue. “Unser Alltag sieht aber nicht anders aus als bei einem klassischen Familienmodell: Es wird gemeinsam gefrühstückt, der Tag wird geplant und danach geht es für Lea in die Kita. In dieser Zeit arbeiten wir als Influencer. Mittags holen wir Lea ab und gestalten den Nachmittag meist gemeinsam”, erzählen Nina und Lara im Interview mit BRIGITTE.de. “Wie in jeder Familie müssen Absprachen getroffen werden, es gibt Streitigkeiten und Höhen und Tiefen.”

Vermutlich ein Alltag wie ihn viele Familien kennen, doch die Zwillinge stellen sich nicht nur Alltagsproblemen. “Wir fühlen uns als Familie häufig ausgegrenzt und als eine Randgruppe der Gesellschaft behandelt”, so das Twinteam. “Unser Familienmodell wird nicht immer anerkannt und uns wird vorgeworfen, es würde sich negativ auf Leas Entwicklung auswirken.” Mit ihrem Instagram-Kanal the.twinteam machen sie sich daher für ein toleranteres Familienbild stark. Denn Vorwürfe und Vorurteile gehen an niemandem spurlos vorbei. Wie sehr sie so etwas trifft, macht Nina in einer früheren Instagram-Story deutlich. Sie erzählt von der schweren Zeit, als Tochter Lea im Krankenhaus lag: “Da kam ein Arzt ins Behandlungszimmer, meine Schwester war dabei und er sagte: ‘Ach, das war diese komische Familie, wo es keinen Vater gibt, wo zwei Schwestern sich um das Kind kümmern. Da müssen wir nicht weiter untersuchen, das Familienmodell muss sich erst normalisieren, dann normalisiert sich auch das Essverhalten des Kindes.'” Solche und andere schlimmen Momente haben sie sich lange zu Herzen genommen und sie manchmal auch zweifelnd zurückgelassen.

“Aber irgendwann ist Schluss”, so Nina weiter in der Story, “es wird Zeit, dass wir laut werden. Dass jeder das hört und versteht, denn es werden nicht die Eltern bzw. die Erwachsenen diskriminiert. Es tut in erster Linie den Kindern weh!” Unter dem Hashtag #wirwerdenlaut wollen sie Bewusstsein für einen offeneren Umgang mit Familien schaffen, die nicht unbedingt aus Vater, Mutter, Kind bestehen. “Wir rufen zu mehr Toleranz unkonventionellen Familienmodellen gegenüber auf – und dazu, sich zu trauen, Familie für sich selbst zu definieren und diese so zu leben. Kinder wachsen und gedeihen durch bedingungslose Liebe und Familienzusammenhalt. Wie diese Familie aussieht, ist ihnen doch ganz egal!”

Liebe hat viele Gesichter

Und ihre Familie erhält zeitweise noch Zuwachs: Lara ist Bereitschaftspflegemutter und nimmt Pflegekinder auf Zeit auf. Wie fühlt es sich an, wenn das Telefon klingelt und es um ein Kind geht? “Jeder Anruf löst ein kleines Gefühlschaos aus”, so Lara vom Twinteam. “Da ist diese Vorfreude auf ein kleines Wesen, das man ab nun liebhat und eine Zeit beschützen und begleiten kann. Es ist aber auch die Gewissheit und die damit verbundene Traurigkeit, dass es diesem Kind gerade nicht gut geht.”

Es ist ein ‘Blind-Date’ mit ungewisser Vorgeschichte und ungewissem Ausgang

Neben den eigenen alltäglichen Herausforderungen des Lebens wollen sie ihre Liebe mit diesen fremden Kindern in Not teilen, denn “aufgrund eigener Erfahrungen wurde uns schon früh bewusst, wie sehr das ‘Liebe schenken’ eine kleine Kinderseele rettet und heilt.”

In den ersten Tagen, wenn der neue Schützling eingezogen ist, geht es erst mal um Entschleunigung, ums aneinander Gewöhnen und Kennenlernen. Und Lea? “Von Tag eins an war es für Lea eine Selbstverständlichkeit, dass wir Kindern, denen es zurzeit nicht so gut geht wie ihr, ein Zuhause auf Zeit schenken”, erklären die beiden. “Sie kennt die ‘wahren’ Hintergründe der Kinder nicht und wird nur mit so viel Wahrheit konfrontiert, wie ein fünfjähriges Kind verarbeiten kann.” Lea freue sich jedes Mal auf den Einzug des neuen Kindes, Abschiedsrituale machten ihr später das Weggehen leichter, so die beiden weiter. “Durch die Bereitschaftspflege, haben wir eine glückliche Kindheit umso mehr schätzen gelernt.” Lange haben die Zwillinge mit Lea zusammen im Elternhaus gewohnt, im Moment leben Nina und ihre Tochter in einer anderen Wohnung. Noch. Denn schon bald steht ein Umzug in ein gemeinsames Zuhause an. “Familie ist ein Gefühl von ‘Zuhause’, bedingungsloser Liebe, Rückhalt und Geborgenheit. Nur darauf kommt es an und da ist die Zusammensetzung der Familie völlig egal.”

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