Rudi Völler: Der Fußball-Weltmeister von 1990 feiert 60. Geburtstag

Viele kennen Rudolf “Rudi” Völler (60) heute als Mister Bayer Leverkusen. Dabei fand er seinen Weg dorthin erst spät in seiner aktiven Karriere. Die begann der gebürtige Hesse im beschaulichen Hanau. Dort kam er am 13. April 1960 zur Welt. Als Achtjähriger nahm ihn sein Vater das erste Mal zum Training beim TSV 1860 Hanau mit, von dort aus war seine steile Fußballerkarriere nicht mehr zu bremsen.

Immer nur Stürmer sein

Der Legende nach wollte “Ruuudi”, wie es später bei seinen Ballkontakten von den Rängen hallen sollte, nie auf einer anderen Position spielen als im Mittelsturm. Dort kam er seit der C-Jugend für seinen Heimatverein zum Einsatz und schoss zwischen 40 und 50 Toren pro Saison. Hermann Nuber (84), eine Vereinslegende der Kickers Offenbach, entdeckte den ehrgeizigen Jugendlichen und wollte ihn an den Bieberer Berg locken. Doch der Fußball hatte in den 1970er Jahren einen anderen Stellenwert als heute. Völler beendete zuerst die Realschule, danach fing er eine Ausbildung zum Bürokaufmann an, die Kickers mussten warten.

Mit 16 Jahren war es dann so weit: “Tante Käthe”, wie er seiner Frisur wegen liebevoll genannt wurde, trainierte mit den Herren des damaligen Zweitligisten. Gleichzeitig war er im Rahmen seiner Ausbildung auf der Geschäftsstelle der Kickers tätig. Im November 1977, mit 17 Jahren, gab er das lang ersehnte Debüt in der ersten Mannschaft. Sein erstes Tor schoss er im Januar 1978. Vor der anschließenden Saison unterschrieb er seinen ersten Profivertrag. Bis in den Sommer 1980 kickte er in Offenbach am Main, er lief 74 Mal auf und brachte es auf 18 Tore.

Über Offenbach nach Bremen

Für die damals stattliche Summe von 700.000 Mark wechselte Völler im Sommer 1980 in die Bundesliga – zum TSV 1860 München. In 33 Spielen traf “Tante Käthe” neun Mal, zu wenig, um den Abstieg zu verhindern. Zurück in der zweiten Liga wurde er mit 33 Toren Torschützenkönig, verpasste mit den Löwen aber den direkten Wiederaufstieg um einen einzigen Punkt. Trotzdem wurde er vom damaligen Bundestrainer Jupp Derwall (1927-2007) als einziger Zweitligaspieler für den vorläufigen WM-Kader 1982 nominiert. Zur WM nach Spanien durfte er allerdings nicht: Derwall setzte auf die bewährten Kräfte Klaus Fischer (70) und Horst Hrubesch (68).

Weil 1860 München für die Saison 1982/83 keine Profilizenz erhielt, wechselte Völler zu Werder Bremen, das die Vorsaison auf Platz fünf beendete. Seine erste Spielzeit bei Bremen war fast perfekt: Mit 23 Toren wurde er zum einzigen Mal in seiner Karriere Torschützenkönig der Bundesliga, punktgleich mit Erzrivale Hamburger SV wurde Bremen aber nur Vizemeister. Ähnlich lief es in den folgenden Jahren: Auch 1985 und 1986 wurde Werder nur Vizemeister, jeweils hinter den Münchner Bayern, 1986 erneut wegen der schlechteren Tordifferenz. Während seiner Zeit an der Weser brachte es Völler in 137 Partien auf 97 Treffer, seine 77 Tore in den ersten 100 Spielen stellen bis heute einen Bundesliga-Rekord dar.

Von Bremen in die Welt

1987 wechselte Völler nach Italien. Beim AS Rom schoss er in den folgenden fünf Jahren in 142 Spielen 44 Tore. Mehr als der italienische Pokalsieg 1991 war auf Vereinsebene für “El Tedesco”, wie sie ihn dort nannten, also “Der Deutsche”, in Italien aber nicht drin. Die ganz großen Erfolge dieser Zeit feierte er dafür im Trikot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft – und trotzdem in Italien. Beim WM-Finale 1990 in Rom holte er gegen Argentinien den entscheidenden Elfmeter heraus, den Andreas Brehme (59) zum einzigen Treffer der Partie verwandelte: Deutschland wurde Weltmeister.

Als Völler 1992 zu Olympique Marseille wechselte, war er mit 32 Jahren bereits im betagteren Fußballer-Alter. Dennoch gewann er 1993 mit den Franzosen als erster Deutscher überhaupt die Champions League, er war Stammspieler und eine feste Größe. Weitere zwei Jahre später fand er seine letzte Station: Bayer 04 Leverkusen. Bis 1996 kickte er noch für die Werkself und brachte es in 62 Partien auf 26 Tore, ehe er seine aktive Karriere beendete. Direkt im Anschluss wechselte er ins Management des Vereins und war bis 2000 Sportdirektor.

Vom Spieler zum Trainer

Weil Deutschland unter dem damaligen Bundestrainer Erich Ribbeck (82) als EM-Titelverteidiger in der Vorrunde ausschied, übernahm Völler im Herbst 2000 als Interimscoach den Posten des DFB-Coachs. Ursprünglich war vorgesehen, dass er dieses Amt ausführt, bis der Vertrag des damaligen Leverkusener Trainers Christoph Daum (66) aufgelaufen war. Doch es kam alles anders. Völler wurde vom Feuerwehrmann zum festen Bundestrainer und übernahm nach Daums Entlassung sogar noch für einen Monat zusätzlich die Funktion als Bayer-Trainer, bis die Saison 1999/2000 endete.

2002 kam es dann zu seiner Trainer-Sternstunde. Entgegen vieler Befürchtungen von Experten gelang der DFB-Auswahl bei der WM in Japan und Südkorea der Sprung ins Finale. Dort unterlag das Team Brasilien mit 0:2. Mit “Es gibt nur ein’ Rudi Völler”-Gesängen wurde die Mannschaft von begeisterten Fans am Frankfurter Römer empfangen. Vom überraschenden Erfolg und Rückhalt der Fans getragen, blieb Völler noch bis 2004 Bundestrainer. In diesen beiden Jahren kam es zu seiner berühmten Wutrede, die sich ARD-Moderator Waldemar Hartmann (72) aus nächster Nähe gefallen lassen musste. Auslöser war ein 0:0 in einem EM-Qualifikationsspiel gegen Island und die daran anknüpfende Kritik. Weil das DFB-Team 2004 in der Vorrunde der EM ausschied, erklärte Völler im Juni nach der EM seinen Rücktritt.

Zurück zur alten Liebe

Im Sommer 2004 wurde Völler als neuer Trainer des AS Rom vorgestellt. Nur 25 Tage später bot er nach einer 1:3-Niederlage gegen den FC Bologna seiner Mannschaft den Rücktritt an. “Es sind viele Dinge zusammengekommen. Es war nicht nur das Spiel heute. Ich hatte meine Vorstellungen, wie das hier funktionieren soll. Das war aber nicht zu realisieren”, sagte er damals. Ersatz war schnell gefunden – und diesmal sollte es halten: Ein halbes Jahr später, im Januar 2005, unterschrieb er einen Vertrag als Sportdirektor bei Bayer 04 Leverkusen.

Einen Einsatz als Feuerwehrmann hatte Völler noch: Schon im Herbst 2005 coachte er drei Spiele von der Seitenlinie, weil sich Bayer von Klaus Augenthaler (62) getrennt hatte, ehe er das Traineramt im Oktober an Michael Skibbe (54) abgab. Seitdem war Völler ununterbrochen als Sportdirektor in Leverkusen tätig, bis er 2018 die Funktion der sportlichen Geschäftsführung der Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH übernahm. Mit 60 Jahren ist er längst angekommen in den ruhigeren Fahrwassern des Fußballgeschäfts. Aber wer weiß, vielleicht springt “Tante Käthe” ja noch ein letztes Mal als Feuerwehrmann ein.