Schlafwandeln: Ursachen und Behandlungen | BRIGITTE.de

Was ist Schlafwandeln?

Schlafwandeln (“Somnambulismus”, auch: Nachtwandeln) bedeutet, dass betroffene Personen sich nachts im Tiefschlaf plötzlich aufrichten, das Bett verlassen und herumlaufen. Manchmal sagen sie dabei sogar Sätze oder führen konkrete Handlungen durch. Ansprechbar sind Schlafwandler meist nicht – nur die Teile ihres Gehirns, die für die Bewegungssteuerung verantwortlich sind, sind beim Schlafwandeln tatsächlich aktiv. 

Schlafwandler laufen meist einfach geradeaus – auch, wenn der Weg vor ihnen eigentlich zu Ende ist und sie beispielsweise abstürzen könnten. Daher ist es wichtig, den Betroffenen beim Schlafwandeln behutsam aus einer möglichen gefährlichen Umgebung heraus und zurück in Richtung Bett zu leiten. Häufig dauern die nächtlichen “Spaziergänge” nur ein paar Minuten, am nächsten Tag kann sich der Schlafwandler nicht mehr an den Vorfall erinnern. 

Schlafwandeln durch Mondsucht?

Früher wurde Schlafwandeln übrigens auch als “Mondsucht” bezeichnet. Die Menschen glaubten, dass das Phänomen von bestimmten Lichtquellen ausgelöst wird, beispielsweise dem Vollmond – daher der Name. Diese Annahme konnte mittlerweile wissenschaftlich widerlegt werden.

Was ist der Grund für Schlafwandeln?

Aktuell geht man davon aus, dass Schlafwandeln durch eine Störung des Aufwach-Mechanismus im Gehirn entsteht. Tatsächlich wachen alle Menschen nachts öfter kurz auf – sie merken aber nichts davon. Normalerweise bewegt man sich nur etwas oder dreht sich auf die andere Seite, dann schläft man weiter. Bei einem Schlafwandler führt diese kurze Aufwachzeit dagegen dazu, dass er aufsteht und unbewusste Handlungen durchführt.

Schlafwandeln zählt zu den Schlafstörungen

Medizinisch betrachtet gehört Schlafwandeln zu den Schlafstörungen, genauer gesagt zu den sogenannten Parasomnien. Darunter versteht man unerwünschte Verhaltensauffälligkeiten, die vor allem im Schlaf auftreten. Auch Albträume und nächtliche Beinkrämpfe zählen dazu.

Wie erkenne ich, ob jemand schlafwandelt?

Im ersten Moment kann es beispielsweise für den Partner schwierig sein, zu erkennen, ob jemand beim Schlafwandeln ist – erst recht, wenn man selbst noch schlaftrunken ist. Oft ist es schon ein Hinweis, wenn man den Betroffenen im Bett direkt anspricht und keine Reaktion erhält. Zwar geben Schlafwandler manchmal sogar Antworten, diese sind dann aber undeutlich und schwer zu verstehen. Auch diese Symptome deuten auf Schlafwandeln hin:

  • Ausdrucksloses, starres Gesicht
  • Die Augen sind geöffnet, scheinen aber ins Nichts zu starren
  • Teilweise wird eine Handlung wieder und wieder durchgeführt, zum Beispiel das Öffnen und Schließen einer Schranktür
  • Ungeschicklichkeit und Koordinationsschwäche
  • In seltenen Fällen aggressives Verhalten

Schlafwandler können in seltenen Fällen sogar komplexe Handlungen wie das Autofahren durchführen. Durch den Fall eines Kanadiers wird außerdem bis heute über die Frage gestritten, ob man beim Schlafwandeln gewaltig werden oder sogar jemanden töten kann: Kenneth Parks war 1987 nachts plötzlich aufgestanden, 23 Kilometer zu seinen Schwiegereltern gefahren und hatte seine Schwiegermutter mit einem Messer getötet. Als er erwachte, konnte er sich an den Vorfall nicht mehr erinnern.

Eine Untersuchung in einem Schlaflabor bestätigte, dass Parks die Handlung im Schlaf durchgeführt hatte – er wurde freigesprochen. Bei der sogenannten REM-Schlaf-Verhaltensstörung, die anders als Schlafwandeln nicht im Tiefschlaf, sondern während der Traumphase stattfindet, sind solche Folgen möglich. Auch die REM-Schlaf-Verhaltensstörung zählt zu den Parasomnien.

Wer ist vom Schlafwandeln betroffen?

Kinder sind deutlich häufiger Schlafwandler als Erwachsene: Experten vermuten, dass etwa zehn bis 30 Prozent aller Kinder zwischen fünf und zwölf zumindest vorübergehend Schlafwandler sind. In etwa 70 bis 80 Prozent der Fälle verschwindet das Phänomen mit Einsetzen der Pubertät von alleine. Der Grund dafür ist noch nicht vollständig erforscht, es wird aber vermutet, dass die Entwicklung des Zentralen Nervensystems dabei eine Rolle spielt. Bei Erwachsenen schätzt man, dass lediglich ein bis zwei Prozent chronisch schlafwandeln. Dafür kann es verschiedene Ursachen geben, zum Beispiel verschiedene Erkrankungen.

Welche Ursachen und Risikofaktoren gibt es für das Schlafwandeln?

Bisher sind die Ursachen für Schlafwandeln nicht restlos geklärt, es gibt aber verschiedene mögliche Auslöser und Risikofaktoren, die eine Rolle spielen können. Dazu zählen:

  • Genetische Faktoren (Kinder von Schlafwandlern sind zehnmal so häufig selbst betroffen wie Kinder von Eltern, die nicht schlafwandeln)
  • Schichtarbeit
  • Bestimmte Medikamente
  • Stress / seelische Belastungen
  • Alkohol- und/oder Drogenmissbrauch
  • Verschiedene Erkrankungen, zum Beispiel Fieber, Depression, Schlafstörungen, neurologische Störungen wie epileptische Anfälle oder das Restless-Legs-Syndrom, bei dem man ständigen Bewegungsdrang in den Beinen hat, die zusätzlich oft schmerzen

Behandlung: Was kann man gegen Schlafwandeln tun?

Schlafwandeln bei Kindern erledigt sich wie gesagt in den meisten Fällen früher oder später von selbst. Wenn es hingegen anhält oder erstmalig bei Erwachsenen auftritt, gilt es, zunächst die möglichen Ursachen für die nächtlichen Störungen ausfindig zu machen und diese zu behandeln. Häufiger stecken dann unverarbeitete psychische Belastungen oder Probleme mit dem Selbstwertgefühl hinter dem Schlafwandeln, die man in einer Psychotherapie erarbeiten und therapieren kann. Liegt eine Grunderkrankung als Auslöser für das schlafwandlerische Problem vor, muss diese behandelt werden.

Medikamente werden nur in besonders schweren Fällen eingesetzt, wenn andere Maßnahmen keine Besserung bringen und durch das Schlafwandeln eine ernste Gefahr für Leib und Leben des Betroffenen entsteht.

Sicherheitsmaßnahmen für die Gesundheit beim Schlafwandeln

Wenn bekannt ist, dass jemand Schlafwandler ist, sollten gewisse Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, damit der Betroffene nicht unbewusst durch das Haus laufen oder dieses gar verlassen kann. Am wichtigsten ist es, nachts Türen und Fenster abzuschließen und den Haustürschlüssel gut zu verstecken. Ist dem Schlafwandler das Versteck bekannt, könnte er es unbewusst aufsuchen und so doch das Haus verlassen.

Wie kann man Schlafwandeln verhindern?

Wer weiß, dass er zum Schlafwandeln neigt, kann mit ein paar Maßnahmen das Risiko für einen nächtlichen Ausflug zumindest reduzieren. Folgende Tipps helfen dabei:

  • Generell genug schlafen
  • Entspannungstechniken, zum Beispiel Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung
  • Stress reduzieren
  • Reize vor dem Schlafen minimieren – dazu zählt zum Beispiel, elektronische Geräte, die blauwelliges Licht aussenden (Handy, Laptop etc.) aus dem Schlafzimmer zu verbannen
  • Eine generell angenehme Schlafumgebung schaffen, z. B. durch optimale Temperatur (die meisten Menschen schlafen bei 18 Grad am besten), bequeme Schlafkleidung etc.

Gerade Schlafmangel und Stress sind bei fürs Schlafwandeln anfällige Personen starke Auslöser sein.

Lesetipps: Du hast genug übers Schlafwandeln gelesen? Hier verraten wir dir unsere besten Einschlaftipps. Außerdem erklären wir Hatha Yoga und wie Stressmanagement funktioniert.

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