“Umvolkung” und “globale Elite”: Verfassungsschutz-Chef: AfD stellt Extremisten auf


“Umvolkung” und “globale Elite”

Verfassungsschutz-Chef: AfD stellt Extremisten auf

Die AfD bestimmt ihre Kandidaten für die Europawahl. Die überbieten sich in ihrer Bewerbung mit rechtsextremistischen Verschwörungstheorien. Hoch im Kurs steht etwa die Furcht vor “Masseneinwanderung” und “Umvolkung”. Belohnt wird aber auch der angekündigte “Kampf” gegen Bill Gates und George Soros.

Bei der Europawahlversammlung der AfD in Magdeburg sind nach Einschätzung des Verfassungsschutzes teilweise “rechtsextremistische Verschwörungstheorien” verbreitet worden. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, sagte: “Zwar sind die komplette Wahlbewerberliste und auch das Wahlprogramm für die Europawahl noch nicht final abgestimmt. Doch bereits jetzt zeigt sich, dass Personen, die in der Vergangenheit mit Positionen aufgefallen sind, die nicht mit unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar sind, der AfD-Delegation im kommenden Europäischen Parlament angehören werden.”

Vertreter des ehemaligen gemäßigteren Lagers der AfD hätten bei den Aufstellungswahlen für die Europawahl im Juni 2024 an diesem Wochenende so gut wie keine Rolle mehr gespielt, sagte Haldenwang “Vielmehr äußerten diverse Wahlbewerber rechtsextremistische Verschwörungstheorien, wie beispielsweise die vom sogenannten ‘Großen Austausch'”, so der Verfassungsschützer. Er fügte hinzu: “Die bisherige Europawahlversammlung der AfD, die wir als Verdachtsfall bearbeiten, belegt einmal mehr unsere Einschätzung, dass innerhalb der Partei starke verfassungsfeindliche Strömungen bestehen, deren Einfluss weiter zunimmt.”

Die AfD wählte an diesem Wochenende ihre ersten 15 Kandidaten für die Europawahl. Eine klare Abgrenzung zum rechtsextremen Spektrum nahm keiner der Kandidaten vor. Der nun gekürte Europa-Spitzenkandidat Maximilian Krah etwa wurde 2019 wegen Äußerungen zu “Umvolkung” in einem Gutachten des Verfassungsschutzes genannt. Seine Schriften publiziert er im rechtsextremen Kubitschek-Verlag.

Boßdorf fordert “millionenfache Remigration”

Platz zwei sicherte sich der bayerische Bundestagsabgeordnete Petr Bystron. In seiner Bewerbungsrede wetterte er gegen “Globalisten” und warnte vor einer angeblich drohenden Bargeldabschaffung. Er sagte: “Das Schlimmste, die Migrantenquoten, die zwangsweise Zuweisung von Migranten, das ist ein Angriff auf alles, was uns lieb ist, unsere Kultur, unsere Religion, ja, unsere Heimat.” Er kämpfe gegen “die Kriegstreiber, die Globalisten, die uns zwangsimpfen wollen, enteignen wollen, versklaven wollen.” Bystron bekannte sich zudem zum “Kampf” gegen internationale Philanthropen wie Bill Gates und George Soros.

Mit einer ähnlichen Tonalität landete der Thüringer Landtagsabgeordnete René Aust auf dem dritten Listenplatz. Als Kandidat vorgeschlagen wurde er von Björn Höcke, dem Vorsitzenden des als rechtsextremistische Bestrebung eingestuften Thüringer Landesverbandes. Aust sagte, die europäische Zivilisation sei durch “Masseneinwanderung” in Gefahr. Er forderte eine “Festung Europa” zur Abwehr von Migration.

In eine ähnliche Kerbe stieß Irmhild Boßdorf, die bei der Wahl zu Listenplatz neun rund drei Viertel der Stimmen erhielt. In ihrer Rede forderte sie eine “millionenfache Remigration”, womit sie sich einem Schlagwort der rechtsextremen Identitären Bewegung bediente. Sie sagte, die Deutschen sollten den “menschengemachten Bevölkerungswandel” eher fürchten als den menschengemachten Klimawandel.

Attacken gegen Döner und Hetze gegen die EU

Die auf Listenplatz vier gesetzte Europaabgeordnete Christine Anderson bezeichnete die EU indes als “verlotterten Sauhaufen” und forderte den sofortigen Austritt Deutschlands. Die EU betrachte die Bevölkerung als “eine willenlose Masse, über die die globalitären Eliten nach freiem Willen verfügen können”, sagte sie in ihrer Bewerbungsrede.

Auf Platz fünf wählten die Delegierten den AfD-Politiker Alexander Jungbluth, der kürzlich mit einer öffentlichen Attacke gegen Döner und anderes ausländisches Essen für Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Der auf Platz sechs gewählte Kandidat Marc Jongen forderte ein Referendum über den Verbleib in der EU: Das Volk müsse gefragt werden: “Bringen wir diesen korrupten Laden zum Einsturz?”

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD im März 2021 als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Diese Einstufung, die den Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln erlaubt, hatte das Kölner Verwaltungsgericht im März 2022 bestätigt. Die AfD legte Berufung ein. Das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster ist noch nicht abgeschlossen.

Insgesamt will die AfD 30 Kandidaten für die Europawahl aufstellen. Dafür kommt sie ab kommendem Freitag erneut für drei Tage in Magdeburg zusammen. Dann soll auch das Europa-Wahlprogramm verabschiedet werden.

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