Psychoanalysis, shaped significantly by Sigmund Freud, faces skepticism in today’s fast-paced mental health landscape favoring brief therapies. Young analysts Cécile Loetz and Jakob Müller argue for its enduring value, emphasizing its focus on deeper self-understanding rather than just symptom relief. They challenge the notion that lengthy psychoanalytic processes are outdated, asserting that many complex psychological issues require time to address. Despite criticisms of being unscientific, they highlight the importance of psychoanalysis in fostering genuine personal transformation over quick fixes.
Psychoanalyse im Wandel der Zeit
Das Unbewusste, Verdrängung, Penisneid: Wenn das Wort Psychoanalyse fällt, denken viele sofort an diese typischen Begriffe und an den älteren Mann mit Bart, der seine merkwürdigen Triebtheorien vertritt. Sigmund Freud hat unser Verständnis der menschlichen Psyche mit seiner psychoanalytischen Theorie nachhaltig geprägt. Doch in der heutigen Gesundheitslandschaft setzen wir vermehrt auf Kurzzeittherapien, Apps und Kostenersparnis – während die Psychoanalyse oft Jahre in Anspruch nimmt.
Die Relevanz der Psychoanalyse heute
Benötigen wir wirklich noch die langwierige Psychoanalyse mit ihren eigenartigen Konzepten wie Penisneid und dem Ödipuskomplex? „Es ist ein Geschenk“, betonen die jungen Analytiker Cécile Loetz und Jakob Müller. Mit ihrem Podcast „Rätsel des Unbewussten“ erreichen sie mehr als 300.000 Abonnenten und gehören zu den zehn beliebtesten Wissenschaftspodcasts in Deutschland.
Frau Loetz, Herr Müller, um den Klischees gleich zu begegnen: Sitzen Sie still in einem staubigen Kabinett mit Holzvertäfelung und dicken Teppichen, während Ihre Patienten auf der Couch liegen?
Die Couch ist in der Tat oft in den Räumen von Analytikern zu finden, aber der Rest trifft nicht zu (blickt vorsichtig in seine Praxis). Die Couch ist jedoch nicht zwingend notwendig; sie soll lediglich den Prozess unterstützen. Es hängt immer von der Person und dem Prozess ab; einige sitzen, andere liegen. Viele können freier sprechen, wenn sie liegen – denn im direkten Gespräch kontrolliert man die Mimik des anderen. Für manche ist das vorteilhaft, für andere nicht. Es ist individuell.
Als Psychoanalytiker verbringen Sie oft mehrere Stunden pro Woche über Jahre hinweg mit den Seelen Ihrer Patienten. Ist das nicht veraltet und unglaublich teuer?
Veraltet zu sein, bedeutet nicht zwangsläufig, dass es schlecht ist. In unserer Zeitknappheit betrachten wir alles, was keine schnellen Ergebnisse verspricht, skeptisch. Aber sind schnelle Ergebnisse auch gut und nachhaltig? Daran habe ich Zweifel. Es gibt sogar Kurzzeit-Psychoanalysen, auch wenn die intensive und langwierige Therapie das Markenzeichen der Psychoanalyse ist.
Wir wissen aus der Forschung der Psychotherapie, dass kurzfristige Ansätze für viele Störungen einfach nicht nachhaltig sind. Wenn jemand lediglich an einer Spinnenphobie leidet, kann eine kurze Expositionstherapie helfen. Doch das ist selten. Die klinische Realität zeigt oft Folgendes: Viele Patienten leiden an komplexen Störungen, chronischer Depression oder langanhaltenden Angststörungen. Wenn solchen Menschen eine Kurzzeittherapie angeboten wird, helfen sie häufig nicht. Daher ist die Psychoanalyse in ihrer Dauer nicht veraltet. Es ist vielmehr eine Illusion unserer Zeit, zu glauben, man könne die Psyche mit ein paar schnellen Tricks wieder ins Lot bringen – in Wirklichkeit dauert der Prozess oft Jahre.
Einige betrachten die Psychoanalyse als unwissenschaftlich und fast esoterisch. Tatsächlich ist sie weniger erforscht als andere Therapieformen. Warum ist das so?
Es gibt mehrere Gründe. Zum einen trägt die psychoanalytische Gemeinschaft teilweise dazu bei. Früher hatte sie eine eher elitistische Haltung und misstraute der Forschung – die psychoanalytische Arbeit war von Geheimnissen umhüllt. Außerdem hatte die Psychoanalyse immer einen schwierigen Stand in der Wissenschaft und wurde offen angefochten. Verhaltenstherapie stand seit ihrer Entstehung näher am akademischen Bereich der Psychologie und erhielt mehr Forschungsförderung.
Darüber hinaus ist die Struktur der Wissenschaft schwer mit der Psychoanalyse zu vereinbaren. Wer eine Karriere in der Wissenschaft anstrebt, benötigt viele Publikationen. Um psychoanalytische Therapien in Langzeitstudien zu untersuchen, bräuchte man acht oder zehn Jahre für eine Publikation, was viele abschreckt.
Es gab eine bekannte Studie, die fünfzehn Jahre dauerte wegen der gestaffelten Einzelsitzungen; das passt nicht mehr in eine Doktorarbeit. Dennoch möchte ich betonen, dass die Ergebnisse, wenn Studien durchgeführt werden, eine gute und nachhaltige Wirksamkeit der Psychoanalyse belegen.
Dennoch zeigen einige Ergebnisse aus Langzeitstudien, dass eine kürzere Verhaltenstherapie eine ähnliche Verbesserung der Symptome wie die Psychoanalyse erreicht – mit weniger Aufwand und geringeren Kosten. Hierbei handelt es sich jedoch um eine langfristige Verhaltenstherapie, die bis zu achtzig Stunden dauert. Zudem muss man unterscheiden: In der Psychotherapie geht es nicht nur um die Reduktion von Symptomen, sondern um strukturelle Veränderungen der Persönlichkeit. Studien haben gezeigt, dass dies in der Psychoanalyse besser erreicht wird.
Was meinen Sie damit?
Viele Menschen sind nicht nur daran interessiert, ihre Symptome wie Panikattacken oder Schlafstörungen zu kontrollieren. Sie möchten etwas an sich selbst verändern und sich besser verstehen. Es geht um den grundlegenden Zugang zu sich selbst: Habe ich ein Bewusstsein für mich und meinen Körper? Kann ich auf meine Kreativität zugreifen? Wie gehe ich mit Beziehungen um, kann ich Empathie für andere entwickeln? Wir nennen das psychologische Struktur.
Wenn die grundlegenden Probleme, die die Symptome verursacht haben, unverändert bleiben, können an anderer Stelle neue Symptome auftreten. Oder man lernt Techniken, um ihre Symptome zu kontrollieren, ignoriert jedoch weiterhin, was die Symptome zu kommunizieren versuchen. Die Psychoanalyse verfolgt einen humanistischen Ansatz: Sie zielt darauf ab, die Person als Subjekt in ihrem Handeln zu verstehen und nicht als wandelndes Symptom, das entfernt werden muss.
Wenn man einige von Sigmund Freuds Theorien betrachtet, erscheinen einige nicht besonders humanistisch. Beispielsweise das Konzept des Penisneids, nach dem Frauen unbewusst Männer um ihren Penis beneiden. Spiegeln diese nicht einfach Rollenklischees wider?
Teils, das ist die Sprache und Denkweise des 19. Jahrhunderts; nicht alles altert gleich gut. Für uns heute klingen einige Dinge autoritär. Aber unter anderem versuchen wir in unserem Podcast, solche Theorien in eine modernere Perspektive zu übersetzen. Wenn man das tut, ergeben Konzepte wie der Ödipuskomplex Sinn: Es geht um generationsübergreifende Grenzen und darum, dass ein kleines Kind lernen muss, dass seine Eltern auch ein Leben außerhalb des Kindes führen. Aber das sind keine heiligen Gesetze. Wenn wir diese Theorien einfach den Menschen auferlegen würden, würde die Psychoanalyse ebenso unhuman wie alle mechanistischen Theorien werden.
Alles Psychologische ist derzeit sehr im Trend und hat Einzug in die Alltagssprache gehalten: Man wird „getriggert“, jeder hat ein Trauma. Oft scheint es jedoch, als kratze man nur an der Oberfläche. Das