Was ist das Metaverse? Und wie kann man damit Geld verdienen?

Das Metaversum, diese erlebbare Form des Internets, ist für manche eine wegweisende Zukunftstechnologie, für andere nur ein Tech-Hype aus dem Silicon Valley. Eine Annäherung.

Wie investiert man im Metaversum? Parzellenauswahl für einen Landkauf in Decentraland.

Filmstill aus dem Decentraland Market

Was ist das Metaversum, und wie weit ist die Technologie heute?

Das Metaverse wird als «nächste Generation des Internets» gehandelt. Soll heissen: Anstatt dass wir das Internet wie heute auf einem 2-D-Bildschirm betrachten, sollen wir künftig darin eintauchen, es miterleben und mitgestalten. Zwei Punkte sind dabei zentral: Immersion und Interaktion.

Mit Immersion ist gemeint, dass es sich tatsächlich anfühlt, als würde man sich in der virtuellen Welt wie in der realen bewegen. Dies geschieht am besten, indem man eine VR-Brille aufsetzt, dann in einer virtuellen Welt als Avatar abgebildet wird und sich damit in drei Dimensionen fortbewegt. Ein bisschen wie in einem Computerspiel.

Interaktion steht dafür, dass es im Metaversum andere Menschen (also andere Avatare) gibt, mit denen wir in Echtzeit mündlich kommunizieren können. Gemeinsame Erlebnisse müssten dann möglich sein, zum Beispiel ein Beratungsgespräch an einem Bankschalter, Karaoke-Singen vor Publikum oder eine Ausbildungsstunde für angehende Chirurgen.

Angehende Ärztinnen und Ärzte trainieren im Metaversum eine Knieoperation.

Angehende Ärztinnen und Ärzte trainieren im Metaversum eine Knieoperation.

Screenshot aus einem Unternehmensvideo von Osso VR

Einzelne Aktivitäten lassen sich schon heute im Metaversum erleben. Insbesondere Anbieter von Computerspielen arbeiten schon seit Jahren mit ähnlichen Konzepten. Auch der Pornografiemarkt verspricht sich neue Möglichkeiten vom Metaversum und investiert gerade kräftig in neue Darstellungsformen.

Das Versprechen des Metaverse geht aber weiter: Es soll irgendwann möglich sein, auf Knopfdruck zwischen verschiedenen Welten von verschiedenen Anbietern hin und her zu wechseln – ähnlich, wie wir es heute auf dem Smartphone mit verschiedenen Apps tun. Vielleicht hat man also am Nachmittag eine VR-Sitzung mit Arbeitskollegen in einer Welt von Microsoft, besucht danach einen Kleiderladen in einer Metaversum-Welt von Patagonia (wobei der Avatar ein Kleidungsstück anprobiert, das uns später – also im realen Leben – nach Hause geschickt wird) und trifft sich danach noch mit Freunden zum Bowling in einer virtuellen Welt des Spieleanbieters Roblox.

Damit dies einigermassen benutzerfreundlich möglich ist, braucht es eine Art zentrale Metaversum-Anlaufstelle, die Standards für die ganze Branche setzt und möglichst alle virtuellen Welten miteinander verbindet. Eine solche übergreifende Plattform ist heute noch nicht etabliert – stattdessen basteln diverse Unternehmen ihr eigenes, in sich geschlossenes System.


Gratis und «low-tech»: Wie kann ich das Metaversum ausprobieren?

Wer keine VR-Brille besitzt und auch kein Geld für einen Eintritt ins Metaversum ausgeben möchte, kann sich zum Beispiel auf der Plattform Decentraland einloggen. Dazu geht man auf www.decentraland.org und registriert sich als Gast (am besten am Laptop und mit einer schnellen Internetverbindung). Dann sucht man sich einen Avatar aus und kann später (unter dem Reiter «Explore») in verschiedene virtuelle Welten eintauchen.

Wer in Decentraland herumgeht, fühlt sich ein bisschen wie in einem Computerspiel ohne Ziel und mit schlechter Grafik. Eine Interaktion mit anderen Avataren kam bei bisherigen Versuchen nie zustande.

Auch Gaming-Portale wie Roblox machen viele kostenlose Angebote. Besonders beliebt sind dort Shooter-Games wie «Fortnite», aber auch spielerische Umgebungen wie «Work at a Pizza Place», wo man in der Rolle eines Küchenchefs Pizzas belegen kann.


Gehört das Metaverse zu Facebook?

Nein. Facebook hat sich im Herbst 2021 in einem öffentlichkeitswirksamen Manöver in Meta umbenannt. Die Firma hat damit das Metaversum rhetorisch für sich gekapert. Allerdings ist der Meta-Konzern nur eine Firma unter unzähligen, die die Technologie vorantreiben. Metaversum ist der Überbegriff, er gehört allen.

Das Metaversum von Meta (früher Facebook) heisst Horizon Worlds (früher Facebook Horizon). Mit dem Projekt will der Konzern zeigen, was mit der Technologie möglich ist. In den virtuellen Umgebungen können Nutzerinnen und Nutzer in Gestalt von Avataren Freunde treffen, Veranstaltungen besuchen oder sich zu Arbeitssitzungen zusammenfinden. Dazu braucht es Virtual-Reality-Brillen, wie sie Meta verkauft. In Europa ist die Plattform Horizon Worlds noch nicht erreichbar.

Seit dem Strategie- und Namenswechsel von Meta ist der Aktienkurs des Unternehmens um 70 Prozent eingebrochen. Anscheinend schätzen die Anleger die Zukunftsaussichten von Meta als Metaversum-Firma weniger attraktiv ein als das Werbegeschäft in den sozialen Netzwerken.

Nach dem Namens- und Strategiewechsel hat Meta viel Vertrauen verloren

Aktienkurs von Meta, in Dollar

1

Facebook ändert den Namen zu Meta und setzt voll aufs Metaversum.

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Meta präsentiert schlechte Quartalszahlen und verliert etwa einen Viertel seines Börsenwerts.

3

Meta präsentiert schlechte Quartalszahlen und verliert nochmals rund einen Drittel seines Börsenwerts.


Wie kann ich ins Metaversum investieren? Gibt es eine Metaverse-Aktie oder einen Metaverse-ETF?

Laut Schätzungen des Finanzdienstleisters Bloomberg dürfte der Markt rund um das Metaversum bis zum Jahr 2030 auf einen Gesamtwert von über 670 Milliarden Dollar anwachsen. Wie unsicher viele Analytiker dabei aber sind, zeigt die grosse Spannweite beim prognostizierten jährlichen Wachstum. Einige gehen von einem Wachstum im einstelligen Prozentbereich aus, andere sprechen von einem jährlichen Wachstum von bis zu 40 Prozent.

Investorinnen und Investoren, die im Hype-Thema Metaverse Geld anlegen möchten, können Einzelaktien von Firmen kaufen, die die Technologie dahinter vorantreiben. Dazu gehören zum Beispiel der Facebook-Konzern Meta, Microsoft, Gaming-Firmen wie Roblox oder Entwicklerplattformen wie Unity Software und Autodesk.

Ausserdem gibt es unzählige Fonds und Finanzprodukte, die angeben, Geld im Metaversum zu investieren – auch solche mit dem Kürzel ETF im Namen mit eher tiefen Gebühren. In den letzten Monaten neu dazugekommen sind beispielsweise der Franklin Metaverse UCITS ETF und der Fidelity Metaverse UCITS ETF. Die grössten Positionen bei beiden Produkten schliessen nebst bekannten Grossfirmen wie Apple, Roblox oder Nvidia auch weniger bekannte Unternehmen ein, die VR- oder AR-Projekte verfolgen.

Anleger sollten beachten, dass Metaverse-ETF keine gängigen Börsenindizes abbilden, sondern einen Spezialbereich. Investorinnen müssen also genau hinschauen und Angaben kritisch hinterfragen. Dasselbe gilt für die unzähligen Metaverse-Fonds.

Wer einen grossen Risikoappetit mitbringt, kann auch direkt im Metaversum investieren, also zum Beispiel ein Stück Land in einer virtuellen Welt kaufen und darauf hoffen, dass sich genau diese Plattform künftig durchsetzt. Weiter können auch Metaverse-Coins, also verschiedene Kryptowährungen, erworben werden, die innerhalb virtueller Welten als Zahlungsmittel dienen. Beides ist eher Spekulation als Investition und setzt eine hohe Verlusttoleranz voraus.


Hat das Metaversum eine spezifische Kryptowährung, einen Metaverse-Coin?

Nein. Schliesslich gibt es das Metaversum als übergreifende Plattform noch gar nicht. Es gibt aber verschiedene kleinere digitale Welten, die für sich in Anspruch nehmen, ein wichtiger Teil des künftigen Metaversums sein zu wollen. In manchen davon kann man mit Kryptowährungen digitale Güter oder Dienstleistungen einkaufen, zum Beispiel spezielle Avatar-Kleider oder auch virtuelle Immobilien oder Grundstücke.

Zur Gruppe der sogenannten Metaverse-Coins gehören Kryptowährungen wie Mana (die Währung in Decentraland), Sand (die Währung in der VR-Welt Sandbox), Ibat (die Währung in der Umgebung Battle Infinity) oder LBOCK (die Währung in der Lucky-Block-Welt). Einkaufen kann man solche Coins auf Krypto-Börsen wie Coinbase.

Wie alle Kryptowährungen unterliegen die Metaverse-Coins hohen Wertschwankungen und eignen sich allenfalls für Anlegerinnen, die ein hohes Risiko eingehen wollen. Wer solche Währungen kauft, muss aber auch wissen, dass sie meist nur innerhalb der virtuellen Welten eingesetzt werden können, denen sie entspringen.

So unbeständig wie die meisten Kyptwowährungen: Kurs der Decentraland-Währung Mana

Kurs Mana, in Dollar


Was macht Apple im Metaversum? Und was machen andere Firmen?

Seit Jahren gibt es Gerüchte darüber, dass Apple an einem VR/AR-Headset arbeitet. Über konkrete Pläne schweigt sich das Unternehmen offiziell aus. Journalisten der im Silicon Valley sehr gut vernetzten Tech-Plattform «The Information» wollen aber einen Prototyp der Brille gesehen haben. Das Apple-Headset sieht demnach ähnlich aus wie eine Skibrille.

Zeichnung des Prototyps des Apple-AR-Headsets vom amerikanischen Tech-Portal «The Information».

Zeichnung des Prototyps des Apple-AR-Headsets vom amerikanischen Tech-Portal «The Information».

The Information

Laut der Website «Mac Rumors» soll das Apple-Headset im Jahr 2023 fertig entwickelt sein. Ob es je in dieser Form auf den Markt kommt (und falls ja: wann), ist unbekannt. Jedenfalls arbeiten angeblich mehrere hundert Apple-Angestellte an Projekten der Mixed Reality, also insbesondere auch an solchen der Augmented Reality. Dabei sieht man auch die gegenständliche, «reale» Welt jederzeit gut, die Wahrnehmung wird aber erweitert («augmented»): Durch die AR-Brille werden einem dann digitale Informationen direkt ins Sichtfeld eingeblendet.

Denkbar wären damit neue Anwendungen wie ein Echtzeit-Navigationssystem in der Brille. Dies könnte zum Beispiel beim Velofahren nützlich werden, bei dem man besser ohne Smartphone in der Hand nach dem richtigen Weg sucht. Mit dem Metaversum, wie man es heute versteht, haben die Anstrengungen von Apple im Grunde aber nichts zu tun.

Bereits auf dem Markt sind die VR/AR-Brillen von Microsoft und Meta. Die Hololens von Microsoft ist für über 3800 Euro zu kaufen. Für sie gibt es einzelne industrielle Anwendungen, wirklich durchgesetzt hat sich die Technologie aber noch in keiner Branche.

Auch Meta verbessert seine VR-Headsets ständig. Gerade ist eine neue Version erschienen: das Meta Quest Pro, erhältlich für 1600 Franken. Die Meta-VR-Brillen werden zwar auch als Arbeitsinstrument vermarktet, allerdings dienen sie den meisten Nutzerinnen und Nutzern zur Unterhaltung.


Was kostet ein Grundstück im Metaverse?

Eingefleischte Metaversum-Fans können in verschiedenen virtuellen Welten digitale Grundstücke kaufen. Diese haben so lange einen Wert, wie die virtuelle Welt, in der das Grundstück «liegt», von vielen Menschen besucht wird.

Wer «Land» im Metaversum kauft, geht also die Wette ein, dass eine bestimmte virtuelle Welt auch in Zukunft noch interessant sein wird. Wie sich das Metaversum aber entwickelt und ob virtuelles Land überhaupt ein zentraler Teil davon sein wird, ist aus heutiger Sicht schwer abschätzbar. Investorinnen und Investoren sollten also auch hier einen grossen Risikoappetit und eine hohe Verlusttoleranz mitbringen.

Der teuerste bisher bekannte Grundstückkauf in einer digitalen Welt geschah im Mai 2022. Curzio Research, eine Analysefirma aus Florida, bezahlte 5 Millionen Dollar in Kryptowährungen für ein Stück Land im Metaversum TCG World – einer virtuellen Welt, in der man verschiedene Spiele machen kann.

Einblick in verschiedene Aktivitäten in TCG World.

TCG World, Youtube

Einen Mindestwert für virtuelle Grundstücke gibt es meist nicht. Auf Plattformen wie Decentraland können Besucherinnen und Besucher für einzelne Landparzellen einen Bieterkampf starten. Dort wechseln die Grundstücke derzeit für einen Betrag von 4000 Mana den Besitzer; das entspricht gegenwärtig etwa 2700 Dollar.


Was haben NFT, Blockchain und Web 3 mit dem Metaversum zu tun?

Wenig. Non-Fungible Tokens (NFT), Blockchain und Web 3 sind Fachbegriffe aus der Welt der Kryptowährungen, die häufig mit dem Metaversum in Verbindung gebracht werden – allerdings bleibt die Verknüpfung der Technologien oft vage.

Natürlich kann man eine virtuelle Welt entwickeln, in der Avatare via NFT digitale Vermögenswerte wie Land oder Kunstwerke kaufen oder mit einer Kryptowährung bezahlen können, die wiederum auf einer Blockchain basiert. Aber im Moment ist nicht absehbar, ob und wie sich diese Technologien im Zusammenhang mit dem Metaversum weiterentwickeln werden.

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