Eine Fraktur ist ein Knochenbruch. Dabei wird der natürliche Verlauf des Knochens unterbrochen – durch einen Sturz, Unfall oder aufgrund von Ermüdung oder einer Vorerkrankung. Meist ist eine Fraktur mit großen Schmerzen verbunden und erfordert ein sofortiges ärztliches Eingreifen.
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Der erwachsene Mensch hat zwischen 206 und 214 Knochen, von denen prinzipiell jeder brechen kann. Am häufigsten bricht jedoch das Handgelenk, weil man instinktiv die Hände einsetzt, um einen Sturz abzufangen. Auch das obere Sprunggelenk ist häufig betroffen. Frakturen kommen in jeder Altersgruppe vor, am häufigsten sind jedoch Kinder und Über-60-Jährige betroffen – beide neigen häufiger zu Stürzen, bei älteren Menschen kommt die schwindende Knochensubstanz dazu.
Artikelinhalte im Überblick
Arten von Frakturen
Knochenbruch ist nicht gleich Knochenbruch. Ärzte unterscheiden verschiedene Arten von Frakturen:
offene oder geschlossene Fraktur: Bei einer geschlossenen Fraktur ist die Haut über der Bruchstelle unversehrt. Bei einem offenen Bruch sind hingegen Haut und andere Weichteile (wie zum Beispiel Muskeln und Bindegewebe) verletzt, eventuell sind sogar Knochenteile sichtbar.
einfache oder komplizierte Fraktur: Mediziner unterscheiden hier zwischen einfachen Brüchen mit zwei Fragmenten, Mehrfragmentfrakturen mit drei bis sechs Bruchstücken und Trümmerfrakturen mit mehr als sechs Fragmenten.
Verlauf der Frakturlinie: Abhängig vom Frakturverlauf wird in Quer-, Längs-, Schräg-, Spiral-, T- oder Y-Frakturen unterschieden. Wenn eine Verschiebung der Bruchstücke gegeneinander vorliegt, spricht man von einer dislozierten Fraktur.
kindliche Knochenbrüche: Da die Knochensubstanz bei Kinder noch sehr elastisch ist, kommt es bei ihnen oft zu einer unvollständigen Fraktur, bei der die Knochenhaut unversehrt bleibt. Da der Knochen sich dabei wie ein abgeknickter grüner Ast verhält, wird hier von einer Grünholzfraktur gesprochen. Diese Brüche heilen meist unkompliziert.
Ursachen von Frakturen
Die meisten Frakturen entstehen durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung. Von direkter Gewalteinwirkung spricht man, wenn ein Schlag oder Stoß zu einem Knochenbruch am unmittelbaren Ort des Geschehens führt; bei indirekter Gewalteinwirkung entspricht die Bruchhöhe nicht dem Ort der Gewalteinwirkung (beispielsweise durch Stauchung, Drehung oder Biegung).
Bei einer sogenannten “Spontanfraktur” geht dem Knochenbruch hingegen kein besonderes auslösendes Ereignis voraus. Eine solche Fraktur tritt beispielsweise auf, wenn der Knochen durch massive Dauerbelastung ermüdet ist und dann ohne besonderen Anlass bricht – hier spricht man von einer “Ermüdungsfraktur”. Aber auch als Folge krankhaft veränderter Knochenstrukturen kann es zu einer Fraktur kommen, zum Beispiel durch Osteoporose oder Knochentumore.
Die Symptome einer Fraktur
Plötzlich auftretende, massive Schmerzen sind das offensichtlichste Symptom einer Fraktur, vor allem beim Versuch, das verletzte Körperteil zu belasten oder zu bewegen. Meist ist die ursprüngliche Funktion eingeschränkt oder gar nicht mehr ausführbar. Bei dislozierten Frakturen kann das betroffene Körperteil sichtbar verformt, übermäßig bewegbar oder in einer offensichtlich unnormalen Position befindlich sein. Manchmal ist bei Bewegung auch ein Knirschgeräusch wahrnehmbar.
Da in den meisten Fällen auch das Gewebe um den Knochen herum verletzt ist, treten oft Schwellungen und Blutergüsse auf. Bei einer offenen Fraktur ragen unter Umständen Knochenbereiche aus der Haut heraus. Wenn die Nerven in Mitleidenschaft gezogen sind, kann es zu einem Taubheitsgefühl im betroffenen Körperteil kommen.
Erste Hilfe bei Frakturen
Ein Knochenbruch bedarf unbedingt der Untersuchung und Behandlung durch einen Arzt. Bis dieser eintrifft, sind folgende Erste-Hilfe-Maßnahmen angeraten:
die Bruchstelle nicht bewegen, keine Einrenkungsversuche unternehmen
Umpolstern des verletzten Körperteils mit festgerollten Kleidungsstücken, Decken, Kissen oder Ähnlichem
offene Frakturen mit einer Wundauflage bedecken, Blutungen stoppen
geschlossene Frakturen mit nassen Tüchern oder Wasser kühlen
Wünsche des Betroffenen nach Möglichkeit berücksichtigen, Schmerzäußerungen beachten
bei plötzlichem Frieren, Zittern, Blässe oder Schweißausbruch (Schock) für Wärme und Zuspruch sorgen, gegebenenfalls Beine hochlagern oder (bei Bewusstlosigkeit) stabile Seitenlage ausführen
Diagnose: So erkennt der Arzt eine Fraktur
Besteht der Verdacht auf eine Fraktur, empfiehlt sich der Gang in die Notaufnahme eines Krankenhauses, mindestens aber zu einem Orthopäden oder Unfallchirurgen. Dieser wird den Betroffenen zum Unfallhergang befragen und eine ausführliche körperliche Untersuchung vornehmen. Um die Diagnose abzusichern und die Fraktur genauer einordnen zu können, wird im nächsten Schritt eine Röntgenaufnahme gemacht, gegebenenfalls auch eine Computertomografie. Bei Kindern wird oft eine Ultraschalluntersuchung vorgezogen, um sie nicht mit Röntgenstrahlen zu belasten.
Um Folgeschäden zu verhindern, wird der Betroffene außerdem auf Begleitverletzungen untersucht. So werden beispielsweise Puls, Hauttemperatur und -farbe geprüft, um eine Schädigung von Blutgefäßen in der Nähe des verletzten Körperteils auszuschließen. Auch die Sensibilität im Frakturbereich wird kontrolliert, damit stellt der Arzt sicher, dass keine Nervenschädigung vorliegt. Die Gelenke ober- und unterhalb der Fraktur werden auf Bänder-, Sehnen- und Muskelverletzungen untersucht. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei auf die mögliche Entstehung eines Kompartment-Syndroms gelegt: Dabei schwellen verletzte Muskeln so stark an, dass sie ihre eigene Blutversorgung abschnüren.
Behandlung einer Fraktur
Erste Priorität bei der Behandlung von Menschen mit Knochenbrüchen hat die Versorgung lebensbedrohlicher Zustände. Befindet der Betroffene sich in einem Schockzustand oder entwickelt er ein Kompartment-Syndrom, muss diese Situation zunächst abgewendet werden, bevor die Therapie der Fraktur erfolgen kann. Dabei gelten die sogenannten „3R-Grundsätze“:
Reposition: Hierbei werden die verschobenen Knochenfragmente durch Zug von außen gerichtet. Diese Maßnahme sollte möglichst schnell erfolgen. Da eine Reposition in der Regel schmerzhaft ist, wird dem Betroffenen vorher ein Schmerzmittel verabreicht. Bei einem offenen Bruch muss die Reposition unter Umständen chirurgisch vorgenommen werden – dieser Eingriff erfolgt unter Narkose in einem OP.
Retention: Der gerichtete Bruch wird so lange in der gewünschten Position gehalten, bis er knöchern verheilt ist. Bei einer konservativen Therapie erfolgt dies durch einen Gips oder eine Schiene. Besteht ein erhöhtes Risiko der Fragmentverschiebung, wird dauerhafter Längszug auf das verletzte Körperteil ausgeübt – hier spricht man von einer Extensionsbehandlung.
Rehabilitation: Damit ein Knochenbruch ohne Folgen ausheilt und die betroffenen Körperteile beweglich bleiben, werden auf den Betroffenen abgestimmte physiotherapeutische Übungen verordnet. Die Physiotherapie sollte bereits während der Ruhigstellung des betroffenen Körperteils beginnen, um die Muskeln zu stärken und die Gelenke beweglich zu halten.
Bei verschobenen oder komplizierten Frakturen ist oft eine Operation notwendig. Dabei werden die Bruchenden des Knochens in die richtige Position zurückgeführt und mit Schrauben, Platten oder Drähten fixiert. Diese Form der Frakturbehandlung nennt sich Osteosynthese. Eine besondere Form der Osteosynthese ist der sogenannte „Fixateur externe“, der vor allem bei offenen Frakturen und Trümmerbrüchen zum Einsatz kommt und die Knochen von außen stabilisiert. Dabei werden Schrauben ober- und unterhalb der Bruchstelle durch die Haut in den Knochen eingebracht und mit Stahlstangen außerhalb des Körpers verbunden, die das Ganze in der richtigen Position halten.
Krankheitsverlauf und Prognose bei einer Fraktur
Die meisten Frakturen heilen nach einer entsprechenden Therapie komplikations- und folgenlos ab. Wie lange die Heilung dauert, hängt von der Art des Bruchs und dem betroffenen Knochen ab. Grundsätzlich heilen die Knochen von Kindern deutlich schneller, oft schon innerhalb von drei Wochen – bei Erwachsenen dauert es bis zu zwölf Wochen.
Bei schweren Verletzungen mit Beteiligung umliegender Strukturen lässt sich ein gutes Behandlungsergebnis nicht immer garantieren. Sowohl bei der konservativen Therapie als auch bei einer Operation kann es zudem zu Komplikationen kommen:
Kompartment-Syndrom: Dabei schwellen verletzte Muskeln so stark an, dass sie ihre eigene Blutversorgung abschnüren. Hier ist eine sofortige Operation erforderlich.
Pseudo-Arthrose: Dabei ist die Fraktur auch nach sechs Monaten noch nicht ausgeheilt, es bildet sich ein sogenanntes „falsches Gelenk“. Auch hier ist ein operatives Eingreifen erforderlich.
Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS): Die Ursache dieser früher als „Morbus Sudeck“ bezeichneten Störung ist bis heute nicht bekannt. Die Betroffenen leiden unter anhaltenden Schmerzen mit Störungen des vegetativen Nervensystems, der Sensibilität und der Motorik.
Ostitis/Osteomyelitis: Hierbei handelt es sich um eine durch Bakterien verursachte Entzündung des Knochens beziehungsweise des Knochenmarks.
Thrombose: Durch die lange Ruhigstellung steigt die Gefahr, dass sich Blutgerinnsel bilden und Gefäße verschließen. Dies kann im schlimmsten Fall zu einer Lungenembolie oder einem Schlaganfall führen. Um dies zu vermeiden, werden gerinnungshemmende Medikamente verordnet.