Momentaufnahme: Ich könnte heulen. Keine Kullertränchen. Nicht vor Rührung oder Freude. Sondern schnappatmend schluchzen. Dieses an der Welt verzweifelnde Weinen, das einen manchmal packt. Der Grund: Ich bekomme keinen Parkplatz. Klingt banal, unwichtig und irgendwie auch lustig? Ist es in der Regel nicht. Also drehe ich eine Runde nach der anderen, und mit jeder dieser Runden nimmt meine Verzweiflung Fahrt auf. Genauer: Sie nimmt Anlauf. Um sich, am Ziel angekommen, in fluchendem Gebrüll Bahn zu brechen. Zum Glück bin ich allein. Und brülle in die Leere des Parkplatzes, der sich mir jetzt offenbart. Als ich meiner Freundin davon erzähle, fragt sie: “Bekommst du deine Tage?” – und ich klatsche mir als unfriendly Reminder die flache Hand auf die Stirn: Da war ja was! Und schon schließt sich der Kreis, denn in der zweiten Zyklushälfte packt es mich wie der Thriller den Angsthasen: PMS. Das prämenstruelle Syndrom.
Gefühlschaos – Jeden Monat aufs Neue
Schaue ich mich um, treffe ich auf eine nicht enden wollende Flut an Leidensgenossinnen, gleich der Periode eines Dezimalbruchs. Dabei hat jede ihr ganz eigenes Regelwerk. Während die einen von massiven Kopf- oder Rückenschmerzen niedergestreckt werden, verdreht sich bei anderen der Magen, krampft der Unterleib, sammelt sich das Wasser überall da, wo man es nicht haben will, oder übernehmen die pausenlosen Fressattacken die Kontrolle übers eigene Leben. Vom körperlichen Leiden bleibe ich weitestgehend verschont. Dafür aber nimmt meine Seele eine Auszeit vom Licht und taucht in tiefe, dunkle Gefilde ab. Ein bis drei Tage bleibt sie da und findet Zweifel, Wut, Traurigkeit und Aggressionen – nur keine wahrhaftigen Gründe für diese Gefühle. Hinzu kommt, dass sie all das macht, ohne mich vorzuwarnen. Jeden Monat aufs Neue verzweifle ich sozusagen völlig überraschend an mir selbst, nur um zeitversetzt zu merken: War halt mal wieder so weit.
Wenn ich dem Ganzen einen Namen geben möchte, spuckt mir die Forschung PMDS aus. PMS mit einer Extraportion Seelenmüll sozusagen, was sich dann aber nicht mehr Syndrom, sondern gleich Störung nennt. Prämenstruelle dysphorische Störung, um genau zu sein. Kein Wunder also, dass ich mir regelmäßig selbst im Weg stehe. Und, ja, ich merke immer etwas zu spät, dass es gerade wieder düster wird – aber glücklicherweise immer noch rechtzeitig, sodass ich bisher weder Job noch Freundschaften gekündigt und auch noch kein Auto abgefackelt habe, das mir gerade den Parkplatz klauen will. Die ein oder andere fragwürdige Entscheidung war aber schon dabei: der Vorschlag für diesen Text zum Beispiel … Arbeitsleben und Menstruation sind eben Felder, die zwar parallel existieren, voneinander aber keine Notiz nehmen. Da müssen wir jetzt alle durch.
Und dann ist alles vergessen
Das Gute an der ganzen Sache ist: Genauso unvorbereitet, wie all das immer und immer wieder über mich einbricht, haut es auch wieder ab. Das Licht kommt rein, und die Dunkelheit ist vergessen. Und ich meine damit: wirklich vergessen! War was? Keine Ahnung. Da haben Körper und Geist ein paar praktische Tools im Sortiment, was dann wieder erklärt, warum Frauen nach der ersten Geburt weitere Kinder bekommen. Bis dann, ein paar Wochen später, eben alles wieder von vorn beginnt – völlig überraschend –, aber ich wiederhole mich.