Art Ensemble of Chicago: The Sixth Decade: From Paris to Paris Review – hingebungsvolle Erben tragen die Fackel | Musik

LVor langer Zeit schrieb ich im Guardian über eine Londoner Aufführung des Art Ensemble of Chicago aus dem Jahr 1980 – Lester Bowie (Trompete), Joseph Jarman (Saxophon), Malachi Favors Maghostut (Bass), Roscoe Mitchell (Saxophon und Komposition) und Famoudou Don Moye (Schlagzeug) – habe sich „wie eine Predigt, ein Schauspiel … und eine Geschichtsstunde zugleich“ angefühlt. Der verstorbene große amerikanische Jazzweise Nat Hentoff ging noch weiter und schlug vor, dass die Band „konzeptionell weit zurückreicht, bevor es jemals etwas gab, das Jazz genannt wurde, und sich auf eine Zukunft jenseits der Kategorie zubewegt“.

Albumcover von The Sixth Decade From Paris to Paris.

Die Worte hätten eine Blaupause für dieses Set zum 50-jährigen Jubiläum des Art Ensemble sein können, das 2020 beim französischen Festival Sons d’Hiver aufgenommen und von Mitchell und Moye, den überlebenden Ältesten der Band, geleitet wurde. Für das Projekt holten sie ein 20-köpfiges internationales Kammerorchester ins Boot. Die neue Formation umfasst sowohl zeitgenössische klassische Progressive als auch vom Art Ensemble inspirierte Improvisatoren, wie die Dichterin und Musikerin Camae Ayewa, AKA Moor Mother, eine polemische Sängerin des jungen Afrofuturisten-Kollektivs Irreversible Entanglements.

Zwischen harten, freiblasenden und zarten Ton-in-Stille-Spitzenbewegungen wird Mitchells sehnsüchtig lyrische Leola zu einem pulsierenden, tiefen Drone, unterstützt von einer Schwade aus Beckenschauern, klassischen Chorstimmen und mitreißenden gesprochenen Worten von Ayewa. Weitere Highlights sind das cool swingende Kumpa (vom senegalesischen Griot und AEC-Kumpel Dudu Kouate), der riffige Elektro-Groover Funky AECO, das verführerische Bass-Walking-Ensemble-Signaturthema Odwalla und vieles mehr. Es ist herzerwärmend zu hören, dass die hingebungsvollen Erben der AEC so bereit sind, die Geschichte fortzusetzen.

Auch diese Woche raus

Schwedischer Bassist/Komponist Anders Jormin‘s subtile zwei Jahrzehnte lange Zusammenarbeit mit Sänger und Geiger Lena Willemark – die Begriffe „Jazz“ und „Folk“ berühren ihre Identitäten, schränken sie aber nie ein – wurden 2015 um solche erweitert Karin Nakagawa, ein Virtuose der mitreißend klingenden japanischen Koto-Zither. Pasado en Claro (ECM), mit langjährigem Jormin-Schlagzeugkumpel Jon Fältbietet sanfte, leidenschaftliche Vocals inmitten abstrakter Klangwelten, sanft tänzelnde Tänze und geflüsterten Gesang, der mit kontrapunktischen Bassimprovisationen verwoben ist.

Snarky Welpe Dynamos Bill Laurance und Michael League zeigen auf Where You Wish You Were (ACT), einem melodischen Set, wie reich ihr Leben ohne Snarky sein kann verführerische, rhythmisch lebhafte Originale.

Junger britischer Expat-Saxophonist Georg Winstoneschließt sich derweil dem findigen amerikanischen Effektgitarristen an Ben Monder für ein vielversprechendes All-Improv-Set aus coltranesker Saxophon-Balladen-Seelenfülle, gespenstischen keltischen Pfeifer-ähnlichen Rufen und eindringlicher, wenn auch gelegentlich beruhigter Kontemplation über Odysseus, auf Bandcamp erhältlich.

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