Beethoven: Piano Sonatas Opp 101 & 106, Rezension – eine Erinnerung an die Kraft von Pollini | Klassische Musik

ichMaurizio Pollini brauchte mehr als 30 Jahre, um seine Aufnahmen der Beethoven-Klaviersonaten für die Deutsche Grammophon fertigzustellen. Die erste Folge dieser Reihe, die 1977 erschien, war den letzten fünf Sonaten gewidmet, einschließlich meisterhafter Aufführungen der beiden gepaarten auf dieser neuen Veröffentlichung, die im Juni 2021 und April dieses Jahres im Münchner Herkulessaal aufgenommen wurde. In den 1970er Jahren war Pollini auf dem Höhepunkt seines Könnens, ein Niveau, das er bis weit in dieses Jahrhundert hinein beibehielt und das ihm einen Platz unter den größten Pianisten unserer Zeit sicherte. Aber in den letzten 10 Jahren sind seine Live-Auftritte unberechenbarer geworden, wobei unscheinbare, unbeteiligte Auftritte die Abende überwogen, an denen er seine alte Meisterschaft zurückeroberte.

Die relativ wenigen Studioaufnahmen, die Pollini in den letzten zehn Jahren gemacht hat, haben sich als viel konsistenter erwiesen. Seine Herangehensweise, ob an Beethoven oder Chopin, Debussy oder Schönberg, tendierte immer zum Analytischen, und er war nie ein großer Keyboard-Kolorist. In seinen späteren Jahren ist sein Spiel noch strenger geworden, aber sein intellektueller Zugriff auf die Musik ist so sicher geblieben wie eh und je. Seine CDs von Chopin, beispielsweise mit chronologisch angeordneten Stücken, waren oft aufschlussreich.

All dies macht seine Rückkehr zu zwei der intellektuell und technisch herausforderndsten Werke des Klavierrepertoires in dem Jahr, in dem er 80 Jahre alt wurde, zu einem unwiderstehlichen Hörerlebnis. Zweifellos ist seine muskulöse Autorität im späten Beethoven so beeindruckend wie eh und je, auch wenn die Aufführungen technisch vielleicht nicht ganz so makellos und brillant sind wie vor einem halben Jahrhundert: Es gibt Momente im Fugenfinale von Opus 106, die so erscheinen überlastet, was aber auch an der schieren Geschwindigkeit liegen könnte, mit der Pollini in diese furchterregende Bewegung startet. Denn das Außergewöhnliche ist, dass im Vergleich zu den Aufnahmen von 1977 jeder einzelne Satz in beiden Sonaten diesmal schneller ist, aber es gibt wenige Momente, in denen dieses Tempo übertrieben erscheint.

Die Herangehensweise dieses Pianisten hat etwas leicht Kühles, und viele mögen diesen Sonaten eine wärmere, menschlichere Note vorziehen, besonders im wunderbar intimen Opus 101. Dennoch ist man sich immer des Reichtums an Erfahrung und Verständnis bewusst, der in jeden Takt einfließt sein Spiel. Während seiner langen Karriere war Pollini geteilter Meinung, und diese feine Scheibe ist eine Erinnerung daran, dass er dies auch weiterhin tut.

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