Blume schlägt eine stärkere Differenzierung zwischen den Marken des Volkswagen Konzerns vor

Am 16. Dezember fand eine außerordentliche Sondersitzung des Volkswagen Konzerns statt, bei der der neue Vorstandsvorsitzende Oliver Blume über seine Fortschritte in den 100 Tagen seit seinem Amtsantritt sprach. In seine Bemerkungen, sagte er: „Nichts und niemand ist wichtiger als die Marken. Menschen kaufen Marken. Sie sind eines der wichtigsten Kriterien für unsere Kunden. Deshalb werden wir unsere Marken noch schlagkräftiger positionieren und ihr Profil weiter schärfen. Unsere Produkte sind der Kern unseres Erfolgs – die richtige Produktstrategie, markante Designkriterien und hohe Qualität. Unser Anspruch ist es, uns technologisch mit den Besten zu messen.“

Blume sagte weiter, dass er und seine Top-Manager eine 10-Punkte-Strategie für die Zukunft des Unternehmens ausgearbeitet hätten. „Dieses Unterfangen ist so etwas wie die Renovierung eines Hauses. Das Fundament ist solide. Die Struktur ist gut, basierend auf jahrzehntelanger erfolgreicher Arbeit. Jetzt gilt es, das Haus in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Wir räumen den Keller auf. Aufstellen neuer Dachstühle. Ein paar Wände verschieben. Wir räumen auf, bauen neue Teile ein, bauen alte ab. Jeder unserer 10 Punkte wird durch konkrete Entscheidungen untermauert, die wir in den letzten vier Monaten auf der Grundlage einer straffen Agenda getroffen haben. Für jeden Punkt ist ein Vorstandsmitglied verantwortlich. So können wir uns der Umsetzung sicher sein.“

Punkt 1: Planungsrunde.

Oberste Priorität hat die finanzielle Robustheit. Ziel ist der effizientere Einsatz unseres Kapitals. Wir schärfen unseren Fokus auf die Rendite und den Netto-Cashflow. Unser Ehrgeiz ist auch, die Widerstandsfähigkeit der einzelnen Marken zu stärken und den Break-Even-Punkt – den Punkt, an dem sich Gesamtkosten und Gesamterlös gleichen – noch weiter zu senken.

Punkt 2: Produkte.

Wir schärfen unsere Produktstrategie, um Synergien im Konzern zu heben und die Attraktivität unserer Marken zu steigern. Wir entwickeln klare Designsprachen und haben eine Qualitätsoffensive gestartet. Die Marke Volkswagen prüft derzeit, wie sie Ikonen wie Golf oder Tiguan in die elektrische Zukunft führen kann.

Punkt 3: China.

In China nehmen wir die Pole-Position im Markt ein und agieren aus einer Position der Stärke. Wir werden in diesem Jahr voraussichtlich die Auslieferungen von Elektroautos verdoppeln. Wir beschleunigen die Transformation, indem wir unsere technische Entwicklung mit einer Strategie „in China für China“ stärken. Gemeinsam mit Horizon Robotics treiben wir die Entwicklung des autonomen Fahrens in China voran.

Punkt 4: Nordamerika.

In Nordamerika sind wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort: Immer mehr Amerikaner stellen auf „E“ um. In unserem Werk in Chattanooga wird derzeit die lokale Montage des ID.4 hochgefahren. Wir prüfen die Kapazitätserweiterung und die Lokalisierung unserer Lieferkette. Mit unserem Scout-Projekt wollen wir in den attraktiven US-Pickup- und robusten SUV-Markt einsteigen. Das ist für Volkswagen auch deshalb von strategischer Bedeutung, weil wir unser Geschäft angesichts geopolitischer Entwicklungen weiter diversifizieren wollen.

Punkt 5: CARIADE.

Eines unserer drängendsten Themen der letzten Monate war die Neuausrichtung unserer Softwareaktivitäten. Eines ist klar: Die Gründung unserer Softwareeinheit CARIAD war die richtige Entscheidung. Jetzt treiben wir die Entwicklung von CARIAD voran. Wir schauen uns an, welche Kernkompetenzen wir im Haus haben und prüfen, wo Partnerschaften sinnvoll sind. Wir haben die Schnittstellen zu unseren Marken neu definiert und optimieren Prozesse und Tools. In aktuellen Volumenmodellen mit Reichweiten bis 700 km und einer maximalen Ladeleistung von rund 200 kW verbessern wir die Software. Und wir werden im nächsten Jahr eine leistungsstarke Software für unsere Premiummarken einführen. Das langfristige Ziel ist eine einheitliche Software für die Gruppe, mit der wir die Skalierungsvorteile maximieren können.

Punkt 6: SSP-Strategie und -Technologie.

Mit der neuen Software-Roadmap haben wir uns auch auf die Reihenfolge für Fahrzeugprojekte in den kommenden Jahren geeinigt. Wir haben die Technologieprofile für unsere Scalable Systems Platform definiert – ein skalierbares Baukastensystem, das wir bis Ende des Jahrzehnts bei allen Marken ausrollen werden. Dazu haben wir den Markengruppen Leistungsbereiche zugeordnet, damit es künftig keine Überschneidungen mehr gibt. So können wir künftig noch besser Synergien heben.

Punkt 7: Akku, Laden und Energie.

Unsere Power-Roadmap haben wir im Frühjahr 2021 der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Standorte für drei der sechs geplanten Batteriefabriken in Europa stehen bereits fest. Die Entscheidung über einen Standort in Osteuropa soll bald folgen und wir werden auch in Kürze mit der Untersuchung von Standorten in Kanada beginnen. Vor zwei Wochen haben wir mit der kanadischen Regierung eine Absichtserklärung zur Rohstoffsicherheit unterzeichnet. Diese Woche haben wir unser Joint Venture mit Enel in Italien im Bereich Laden und Energie gestartet. Damit sind wir unserem Ziel, bis 2025 weltweit 45.000 Schnellladepunkte zu errichten, einen weiteren Schritt näher gekommen.

Punkt 8: Mobilitätslösungen.

Wir haben einen Businessplan unterzeichnet, der darauf abzielt, im nächsten Jahr eine Mobilitäts-App einzuführen. Diese App wird das Ökosystem der mobilen Dienste von Finanzierung, Leasing und Miete bis hin zu Abo-Modellen abdecken und für alle Marken gelten. Damit nimmt die Mobilitätsplattform, die wir mit Europcar bauen, Gestalt an. Gleichzeitig überprüfen wir nach unserem Ausstieg aus der Argo-AI-Partnerschaft im Oktober das Geschäftsmodell für Mobility as a Service. Im Bereich Individualverkehr werden wir unsere autonomen Fahraktivitäten mit Audi und Porsche fortsetzen.

Punkt 9: Nachhaltigkeit.

Aktuell überarbeiten wir unsere Nachhaltigkeitsstrategie. Der nächste Schritt sind ehrgeizige ESG-Ziele, die wir auf Marken- und Bereichsebene herunterbrechen. Unser Anspruch ist es, dass die Marken und Standorte die Gesamtverantwortung für diese Ziele tragen. Am Ende stehen standardisierte ESG-Profile für alle Marken.

Punkt 10: Kapitalmarkt.

Ich bin fest entschlossen, den Wert unseres Unternehmens nachhaltig zu steigern. Davon profitieren alle – unsere Eigentümer, unsere Mitarbeiter, unsere Kunden und Sie als Aktionäre. Deshalb entwickeln wir virtuelle Equity Stories für unsere Marken und Werttreiber im Konzern. Unser Anspruch ist es, die Stärken unseres Konzerns sichtbar zu machen und den Wert nachhaltig zu steigern. Erste Ergebnisse werden wir auf einem Capital Markets Day im zweiten Quartal nächsten Jahres präsentieren.

Die Zukunft von Volkswagen

Nun, wenn jemand Zweifel hatte, dass Oliver Blume seine neuen Aufgaben ernst nimmt, sollten sie durch diese Bemerkungen zerstreut werden. Es gibt einige interessante Hinweise auf die Scalable Systems Platform, etwas, das begann, als Herbert Diess seine Hand auf der Pinne hatte, aber anscheinend auf Eis gelegt wurde, als Blume anfing, über eine verbrauchte MEB+-Plattform zu sprechen. Jetzt wissen wir, dass SSP kommt, wenn nicht erst später in diesem Jahrzehnt.

Interessant sind auch Blumes Ausführungen zur Zuordnung von Leistungsbereichen zu verschiedenen Volkswagen-Markengruppen, um Überschneidungen zu minimieren. Denkt er daran, VW so zu strukturieren, wie es GM in der Vergangenheit getan hat – eine Reihe von Fahrzeugen zu unterschiedlichen Preisen anzubieten, aber alle innerhalb der Gesamtstruktur des Unternehmens? Das scheint sicherlich die logische Schlussfolgerung zu sein, die man aus seinen Bemerkungen ziehen kann. Dieser Trend muss genau beobachtet werden.

Insgesamt ein klarsichtiger und rationaler Blick in die Zukunft von Volkswagen. Vielleicht mehr als alles andere, was es braucht, um die CARIAD-Division zu sortieren. Volkswagen-Software ist derzeit in der Branche eher ein Witz. Alles in Blumes 10-Punkte-Plan scheint davon abzuhängen, dass er sein Versprechen einlöst, ein Software-Branchenführer statt ein Nachzügler zu werden.


 

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