Komponist-Pianist Max Richter: „Kreativität ist Aktivismus“

Der deutsch-britische Komponist erklärt, warum sein neues Album Exiles die Flüchtlingskrise thematisiert – und von einem Orchester gespielt wird, das alle Regeln bricht

Als Max Richter sich 2015 hinsetzte, um eine neue Ballettmusik zu komponieren, wusste er, was er sagen wollte. Im April desselben Jahres sank ein überfülltes Schiff auf dem Weg nach Italien vor der Küste Libyens und tötete mindestens 800 eingeschlossene Migranten – darunter Kinder im Alter zwischen 10 und 12 Jahren. Von seiner (damals) Heimatstadt Berlin aus war die Krise unmöglich ignorieren. Die deutschen Kanzlerin Angela Merkel hat die Worte ausgesprochen Wir schaffen das (Wir können das schaffen), Doch mit der steigenden Zahl der Asylbewerber kam es auch zu Übergriffen auf ihre Häuser.

Richters Antwort war instinktiv: ein 33-minütiges Werk mit dem Titel Exiles, komponiert für Sol León und Paul Lightfoots Singulière Odyssée im Nederlands Dans Theatre, inspiriert von dem, was Richter „die große Frage zu dieser Zeit“ nennt. Fünf Jahre nach seiner Uraufführung im Jahr 2016 bildet dieses reflektierende Stück nun das Herz und die Seele von Richters neuem Album Exiles, das 2019 in Tallinn, Estland, aufgenommen und am 6. August veröffentlicht werden soll. Es ist eine retrospektive Sammlung bestehend aus neu orchestrierten Tracks aus seinem Backkatalog. Richter sagt mir jedoch in einem Videoanruf aus seinem Haus in Oxfordshire, dass es trotz unseres schnellen Nachrichtenzyklus relevant bleibt: „Diese Krise ist immer noch in verschiedenen Formen bei uns.“

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