Herzrasen in den Wechseljahren: Grund zur Sorge?

Durch die hormonelle Umstellung kommt einiges im Körper durcheinander. Deshalb ist auch Herzrasen in den Wechseljahren keine Seltenheit. Die genauen Ursachen, welche Maßnahmen helfen und was das Frauenherz schützt, erfährst du hier.

Plötzlich klopft das Herz spürbar, und zwar ganz stark und schnell. Meist verschwindet dieses unangenehme Gefühl ebenso unvermittelt, wie es gekommen ist. Aber ist es auch gefährlich? In jedem Fall sind Herzstolpern und Herzrasen in den Wechseljahren ein Hinweis darauf, gut auf dich und dein Herz zu achten.

Herzrasen in den Wechseljahren: Was ist da los?

In Verbindung mit den Wechseljahren (auch Klimakterium genannt) fallen dir sicherlich zuerst Schlagworte wie Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen oder Schlafprobleme ein. Doch auch Herzstolpern, heftiges Herzklopfen und eben Herzrasen zählen zu den Symptomen der Menopause – häufig in Verbindung mit Hitzewallungen, aber auch unabhängig davon (mehr über die typischen Wechseljahresbeschwerden erfährst du in unserem Artikel dazu). Das bedeutet also, es sind Merkmale eines natürlichen, hormonellen Umstellungsprozesses im Körper – und somit meist harmlos.

In den Wechseljahren entwickeln etwa 40 Prozent der Frauen Herzbeschwerden, das Phänomen ist also nicht gerade selten. Auffällig ist, dass es besonders häufig Frauen betrifft, die sich ungesund ernähren, Übergewicht haben und sich nur wenig bewegen. Auf diese unangenehme Wahrheit weist die Erfurter Kardiologin und Gendermedizinerin Dr. Jana Boer in unserem Podcast Meno an Mich hin (hier kannst du die ganze Folge hören).

Normalerweise pumpt ein Herz das Blut in einem Rhythmus von etwa 60–90 Schlägen pro Minute (bpm = beats per minute) durch den gesamten Körper. Ganz regelmäßig und ohne, dass wir es bewusst wahrnehmen würden. Das ändert sich, wenn zum Beispiel außerplanmäßigen Herzschläge einsetzen (sie heißen in der Fachsprache Extrasystolen), wenn das Herz kurzzeitig aus dem Takt kommt (der medizinische Begriff für Herzstolpern lautet Palpitation), oder wenn der Puls rasend schnell wird (Tachykardie).

Gehen wir sportlich an oder über unsere Belastungsgrenzen, empfinden wir es als ganz normal, dass Herzschlag und Puls kräftig ansteigen. Denn der Körper braucht mehr Sauerstoff und den bekommt er nur, wenn mehr sauerstoffangereichertes Blut durch die Adern strömt. Aber in den Wechseljahren passiert das eben auch einfach so, ohne körperliche Anstrengung. Beim Lesen, im Kino, in der Schlange vor der Supermarktkasse oder auch nachts.

Warum passiert das so häufig nachts?

Generell kann das Herzrasen und -stolpern auch ohne körperliche Aktivität zu jeder Tages- und Nachtzeit auftreten. Doch das bemerken wir eben besonders, wenn wir zur Ruhe kommen. Deshalb wirkt es auch so beängstigend. Tagsüber, in der Hektik des Alltags, wenn wir beschäftigt sind, fällt uns das möglicherweise nur weniger stark auf.

Welcher Herzschlag ist normal?

Gesunde Erwachsene haben einen eine Herzfrequenz (auch Herzschlagfrequenz oder Herzrate) von ungefähr 60 bis 100 bpm (beats per minute). Im Normalfall stimmt sie mit der Pulsfrequenz überein.

Verschiedene Faktoren nehmen Einfluss darauf. So sinkt im Schlaf der Herzschlag auf bis zu 40 bpm ab. Oder wenn wir aufgeregt sind oder verliebt und auch beim Sport: Dann wundert sich niemand über kräftiges, schnelles Herzklopfen. Apropos Sport: Gut trainierte Ausdauersportler:innen weisen eine deutlich abgesenkte Herzfrequenz mit unter 60 bpm auf. Das bedeutet, ihr Herz schafft es, auch mit weniger Schlägen ausreichend Sauerstoff über den Blutstrom im Körper zu verteilen. Dahingegen haben Babys einen sehr schnellen Herzschlag mit 180 bis 190 bpm – alles normal.

Neben dem Alter, dem emotionalen Zustand und der körperlichen Fitness spielen noch weitere Aspekte eine Rolle für die Herzfrequenz. Zum Beispiel das Geschlecht. Frauenherzen sind generell kleiner als Männerherzen, daher sollten Frauen eine Herzrate von 72 bis 80 bpm aufweisen, Männer von 68 bis 75.

Der Ruhepuls dient als Maß für die Herzfrequenz und zeigt an, wie oft das Herz in der Minute schlägt. So kannst du deinen Puls selbst bestimmen: Lege die Spitzen von Zeige- und Mittelfinger auf die Arterie am inneren Handgelenk, die liegt seitlich, unterhalb des Daumenballens. Zähle jetzt 30 Sekunden lang, wie viele Schläge du spürst und verdopple sie. Dann hast du deinen Pulswert. Wenn du ihn regelmäßig kontrollierst, kannst du deinen persönlichen Mittelwert herausfinden und somit auch, wenn es Abweichungen gibt.

Was hat der Hormonabfall mit Herzrasen in den Wechseljahren zu tun?

Schon eine Weile vor der letzten Menstruationsblutung (das ist die berühmte Menopause) beginnt der Körper, die Produktion der weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Gestagen langsam runterzuregeln. Die Zeit der Fertilität also die fruchtbare Phase geht dem Ende entgegen. Zuerst sinkt der Gestagenwert und nach der Menopause dann schlagartig auch der Östrogenspiegel ab. Das hat verschiedene Auswirkungen:

Aktivierung des Sympathikus

Der Bereich unseres vegetativen Nervensystems, das den Körper seit jeher für Kampf oder Flucht bereit macht und zu diesem Zweck die Herzfrequenz erhöht, wird durch die hormonelle Umstellung stärker aktiviert.

Stress

Alles, was die geregelten Bahnen verlässt, bedeutet Stress für unseren Organismus. Hormonschwankungen zählen dazu. Wiederum wird das vegetative Nervensystem angesprochen und der Körper in Alarmbereitschaft versetzt (siehe oben).

Wegfall der herzschützenden Funktion

Neben seiner Aufgabe als Fruchtbarkeitshormon dient Östrogen auch dem Herzschutz. Denn Östrogen sorgt dafür, dass die Gefäße elastisch bleiben. Das ist wichtig, um Bluthochdruck zu verhindern und schützt vor Herz-Kreislauferkrankungen. Werden in den Wechseljahren durch den immer niedriger werdenden Östrogenspiegel nicht mehr alle Östrogenrezeptoren besetzt, weil einfach zu wenig Östrogen vorhanden ist, fällt auch der entientzündliche Effekt des Hormons weg und die Gefäße werden steifer. Dann kommt zu diesen Extraschlägen. „Kommen Frauen in die Wechseljahre können die hormonellen Veränderungen die Risikokonstellation für Herz und Gefäße zusätzlich verschärfen“, bestätigt Prof. Dr. Christiane Tiefenbacher. Die Kardiologin aus Wesel ist Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung. 

Bis zu den Wechseljahren sind Frauen also besser vor Herz-Kreislauferkrankungen geschützt als Männer. „Wenn Frauen in die Wechseljahre kommen, verdoppelt sich ihr Risiko einen Bluthochdruck zu entwickeln. Mehr als die Hälfte von Ihnen entwickelt in den ersten Jahren nach der Menopause eine Hypertonie“, erklärt Dr. Christa M. Bongarth, Chefärztin Kardiologie in der Klinik Höhenried, Rehabilitationszentrum am Starnberger See gegenüber der Deutschen Herzstiftung. Ein unzureichend erkannter und therapierter Bluthochdruck ist eines der gefährlichsten Risiken für Schlaganfall, Herzinfarkt und andere schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Hinzu kommt: Während die Östrogenproduktion nachlässt, bleibt der Testosteronwert, also der Pegel des männlichen Geschlechtshormons, bei den Frauen mit den Wechseljahren und auch danach stabil (auf einem niedrigen Level). Unter anderem führt dieser Einfluss dazu, dass sich bei Frauen vermehrt im Bauchbereich Fett einlagert. Dieses Bauchfett produziert wiederum Hormone, die zusätzlich Übergewicht fördern und den Blutdruck ansteigen lassen: ein weiteres Gesundheitsrisiko.

Ist Herzrasen in den Wechseljahren also gefährlich?

Es klingt ganz so, oder? Aber wenn zu Beginn oder im Verlauf der Wechseljahre ab und zu mal das Herz ins Stolpern gerät oder du einen Anflug von Herzklopfen verspürst, ist das noch kein Grund zur Besorgnis. Die Mini-Anfälle verschwinden schnell und lautlos von allein wieder. Wenn die Herzprobleme im Zusammenhang mit anderen Beschwerden auftreten, wie zum Beispiel Hitzewallungen in den Wechseljahren, kannst du mit deiner Gynäkologin oder deinem Gynäkologen die Möglichkeiten einer Hormonersatztherapie (HRT) besprechen, um die Symptome zu lindern. Legt sich das Hormonchaos zum Ende der Wechseljahre (in der Postmenopause), hören dann meist auch hormonell bedingten Herzunregelmäßigkeiten wieder auf.

Es können aber auch nicht-hormonelle Gründe für Herzrasen oder Herzstolpern in den Wechseljahren verantworlich sein:

  • genetische Veranlagung
  • Schilddrüsenüberfunktion
  • Fieber
  • Nebenwirkungen von Medikamenten
  • Drogen- und Alkoholkonsum
  • erlittene Fehlgeburten, Schwangerschaftsdiabetes oder Bluthochdruck während der Schwangerschaft
  • Herzerzkrankungen

Herzprobleme wie Herzrasen oder ein unrhythmischer Herzschlag können durchaus Anzeichen einer (Herz-)Erkrankung sein. Je höher das Alter einer Frau, desto wahrscheinlicher ist es, dass nicht allein hormonelle Gründe hinter diesen Symptomen stecken. Deshalb raten Fachleute zu regelmäßigen Herz-Checks bei der Hausärztin oder dem Hausarzt. „Frühzeitige Vorsorgeuntersuchungen sind ganz entscheidend. Denn manche Erkrankungen beginnen bei den Frauen schleichend und früher, als viele denken. Daher sollten ein erster Herz- und Gefäß-Check-Up schon im Alter von 40 bis 45 Jahren erfolgen, wenn keine weiteren Vorerkrankungen bekannt sind, und noch früher bei familiären, erblichen Belastungen“, sagt der Kardiologe, Angiologe und Gendermediziner Prof. Dr. Burkhard Sievers.

Risikofaktoren für Herz- und Gefäßerkrankungen: 

  • genetische Veranlagung, familiäre Häufung
  • Übergewicht
  • Fettstoffwechselstörungen
  • Bluthochdruck
  • Lebensstil: Rauchen, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung
  • Schlafprobleme (informiere dich hier über Schlafstörungen in den Wechseljahren)
  • Stress

Was kann ich selbst tun gegen das Herzrasen in den Wechseljahren?

Im Fall der Fälle, bei Herzrasen und starkem Herzklopfen, ist es wichtig Ruhe zu bewahren. Warte kurz ab, ob der Anflug schnell wieder abklingt und atme dabei tief in den Bauch ein und langsam wieder aus.

Auch wenn es merkwürdig klingt: Aufstoßen kann helfen! Trink mit zugehaltener Nase ein paar Schlucke stark kohlensäurehaltiges Mineralwasser. Der Druck, der sich dann aufbaut, schafft es mitunter, den Herzschlag zu normalisieren. Probiere es einfach aus!

Mit diesen 4 Tipps kannst du dein Herz jetzt stärken und stabilisieren

  1. Achte auf genügend Magnesium und Kalium
    Diese beiden Elektrolyte sind Voraussetzung für einen gesunden Herzrhythmus. Eine ausreichende Versorgung mit Magnesium, das in grünem Blattgemüse, Vollkornprodukten, Nüssen, Bohnen und Erbsen enthalten ist, beugt Herzrhythmusstörungen vor und senkt das Risiko für Arteriosklerose. Kaliummangel kann zu Extrasystolen und zu Kammerflimmern führen. Der Mineralstoff steckt zum Beispiel in Bananen, Möhren, Tomaten oder Vollkornprodukten. Wichtig: Bevor du Nahrungsergänzungsmittel einnimmst, lasse deine Werte im Labor ermitteln und besprich dich mit deiner Ärztin oder einem Arzt. 
  2. Iss am besten mediterrane Kost
    Die klassische Ernährungsform in den Mittelmeerländern besteht aus viel Gemüse, hochwertigen Pflanzenölen, Fisch (aber wenig Fleisch) und frischen Kräutern. Wichtig: Frisch zubereiten. So bleiben die wertvollen Vitamine und Mineralstoffe am besten erhalten (lies auch unseren Artikel über die ideale Ernährung in den Wechseljahren).
  3. Bewege dich regelmäßig
    Vor allem moderater Ausdauersport ist gut fürs Herz. Im Studio heißt es nicht umsonst Cardio-Fitness, wenn du zum Beispiel auf den Crosstrainer steigst. Such dir eine Bewegungsart aus, die dir wirklich Freude macht, sei es Radfahren, Schwimmen, Joggen oder Nordic Walking und gewöhne dir an, insgesamt auf etwa 150 Minuten in der Woche zu kommen. Baue zusätzlich im Alltag schrittweise mehr Bewegungseinheiten ein, zum Beispiel indem du die Treppe statt den Fahrstuhl nimmst und öfter mal das Auto stehen lässt und dein Ziel dafür zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichst.
  4. Baue Stress ab
    Hetze nicht dauerhaft durch den Alltag sondern sorge für bewusste Entspannungspausen. Ob du meditierst, ob du lieber eine halbe Stunde Musik hörst, Yoga, Qi-Gong, Tai-Chi oder progressive Muskelentspannung machst, ist egal. Hauptsache, du fühlst dich wohl damit und regelst deinen Stresspegel runter.
  5. Gewöhne dir Wechselduschen an
    Es kostet zu Beginn etwas Überwindung, aber um Bluthochdruck und generell Wechseljahresbeschwerden entgegenzuwirken, eignen sich die Kältereize bei Wechselduschen. Das trainiert die Blutgefäße und zudem die körpereigene Wärmeregulierung.

Ist die Hormontherapie eine Behandlungsmöglichkeit?

Wenn auch andere Wechseljahresbeschwerden deine Lebensqualität einschränken, kannst du mit deiner Gynäkologin oder deinem Gynäkologen gemeinsam überlegen, ob der Einsatz einer Hormonersatztherapie, die den absinkenden Östrogenspiegel zum Teil ausgleicht, für dich sinnvoll sein könnte. 

Bislang gibt es allerdings kaum gesicherte Erkenntnisse, dass Frauen mit Herzbeschwerden von einer Hormontherapie in den Wechseljahren profitieren. Auch nicht von bioidentischen Hormonen oder Phytohormonen. Daher wird sie in diesem speziellen Zusammenhang nicht generell empfohlen. Eine Meta-Analyse gab nun Hinweise darauf, dass das Hormon Östradiol mit Vorsicht empfohlen werden könne, da es möglicherweise die Prävalenz oder den Schweregrad von Herzklopfen verringere. Hier sind weitere Untersuchungen erforderlich.

Vorsicht: Für Frauen mit Krebserkrankungen oder einer familiären Belastung kommt eine Hormontherapie, auch eine mit Phyoöstrogenen (hormonähnlich wirkende Pflanzenstoffe, zum Beispiel aus Soja, Rotklee) nicht infrage.

Quellen:

Brigitte

source site-48