Minen erschweren Offensive: Masala: Ukrainer erreichen russische Verteidigungslinie


Minen erschweren Offensive

Masala: Ukrainer erreichen russische Verteidigungslinie

Die Ukraine vermeldet wieder die Rückeroberung eines Dorfes. Die Gegenoffensive ist dennoch kein durchschlagender Erfolg. Politikwissenschaftler Carlo Masala erklärt, woran es hapert, aber auch, wo die Kiewer Soldaten überraschend gut vorankommen.

Nach einer Phase überschaubarer Frontverschiebungen vermeldet die Ukraine erstmals wieder einen Erfolg. Nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj soll das Dorf Staromajorske in der Region Donezk durch ukrainische Truppen befreit worden sein. Dennoch kommt die lange vorbereitete Gegenoffensive eher schleppend voran. Im ZDF erklärt Politikwissenschaftler Carlo Masala, welche Gründe dafür entscheidend sind.

So spielten weiterhin die durch russische Truppen gelegten großflächigen Minenfelder eine Rolle. Diese zu räumen oder weiträumig zu umgehen, sei extrem kompliziert, so Masala. “Und gleichzeitig hat die russische Armee die Möglichkeit, über Minenwerfer bereits geräumte Minenfelder wieder neu zu legen.” Aus diesem Grund habe die Militärführung die Taktik zuletzt auch geändert und setze nun verstärkt auf Infanteriekampf und weniger auf mechanisierte Verbände.

An dieser Umstellung gab es zuletzt Kritik aus westlichen Partnerstaaten der Ukraine. Masala erklärt allerdings, dass es nicht nur die Minenfelder sind, die den Ukrainern Probleme bereiten. Es fehle etwa auch an Luftverteidigung im Nahbereich, so der Politikwissenschaftler von der Universität der Bundeswehr München. Russische Drohnen und Kampfhubschrauber könnten so nicht effektiv bekämpft werden. Ein großflächiges Vorgehen in Kampfverbänden der ukrainischen Streitkräfte berge daher das Risiko, dass die russische Luftwaffe sie aus der Luft bekämpfe.

Auf die Frage, ob die Ukraine durch den Einsatz von Reservekräften nun zur Befreiung der Stadt Melitopol aushole, sagt Masala: “Wenn die Berichte stimmen, dann ist es schon ein Erfolg, dass zum ersten Mal ein größerer Verband mit Reserven eingesetzt wurde, dass man jetzt an der ersten Verteidigungslinie der russischen Armee steht.” Bis Melitopol am Asowschen Meer seien es aber rund 115 Kilometer. Selbst wenn die derzeitige Operation gut verlaufe, glaubt Masala nicht daran, dass das eine “schnelle Sache” werde. Russland habe mehrere Verteidigungslinien aufgebaut, die erst mal überwunden werden müssten.

Erfolge bei Bachmut sind erstaunlich

Auch im Osten bei Bachmut kommt das ukrainische Militär langsam voran. Auf die Frage, ob ein Vorrücken durch den Abzug der Wagner-Söldner begünstigt wird, erklärt Masala, dass noch immer viele russische Truppen vor Ort seien. Daher sei die Situation für die Ukrainer per se nicht einfacher. “Aber es ist schon erstaunlich, dass letzten Endes die ukrainischen Streitkräfte bei aller Schwierigkeit, die sie in Bachmut haben, doch in relativ kurzer Zeit mehr von Bachmut zurückerobern, als es die Wagner-Söldner in Monaten geschafft haben.” Das heiße nun aber nicht, dass Bachmut in den nächsten Wochen fallen werde. Den Ukrainern fehlten weiterhin Waffen, um die russischen Truppen besser bekämpfen zu können. Die derzeitigen kleinen Erfolge bei Bachmut werden daher auch mit hohen Verlusten erkauft.

Die Zahl verletzter und getöteter Soldaten ist auch auf russischer Seite enorm. Der Kreml hob zuletzt mehrfach die Altersgrenzen für Rekruten und Wehrdienstleistende an, weil offensichtlich Kämpfer fehlen. Russland steht vor Nachschubproblemen bei Soldaten. Masala sagt, dass Russland sich mit diesen Schritten auf mögliche weitere Verlegungen von “Menschenmaterial an die Front” vorbereite, um der ukrainischen Offensive entgegentreten zu können. Das Land setze dabei weiterhin auf Quantität, das wäre seit Monaten zu beobachten. “Quantität gegen Qualität. Russland hofft darauf, dass mit dem Einsatz von Quantität, Quantität irgendwann eine Qualität in sich selbst wird und damit dann irgendwann in der Lage ist, die ukrainischen Streitkräfte entscheidend zurückzuschlagen”, sagt Masala. Russland wird daher weiter Männer in den Krieg ziehen müssen.

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