TotalEnergies, der fünftgrößte Ölkonzern der Welt, hat sich nach dem Einmarsch in die Ukraine endgültig dem internationalen Druck gebeugt und angekündigt, sich aus seinen russischen Investitionen „schrittweise zurückziehen“ zu wollen.
Der französische Ölgigant sagte am Freitag, er werde seine beiden Vertreter aus dem Vorstand von Novatek, Russlands dominierendem privatem Gasexporteur, entfernen.
Total hat auch den Wert seines Anteils von 19,4 % an Novatek abgeschrieben und eine Wertminderung in Höhe von 3,7 Mrd. USD (3,1 Mrd. GBP) in seinen Büchern für das vierte Quartal 2022 vorgenommen. da einer der Hauptaktionäre von Novatek derzeit unter westlichen Sanktionen steht.
„Zusätzlich zu seinen am 22. März 2022 veröffentlichten Verhaltensgrundsätzen für seine Aktivitäten in Bezug auf Russland hat TotalEnergies begonnen, sich schrittweise aus seinen russischen Vermögenswerten zurückzuziehen und gleichzeitig sicherzustellen, dass es weiterhin Gas nach Europa liefert“, sagte das Unternehmen in einer Erklärung .
„TotalEnergies hält einen Anteil von 19,4 % am Unternehmen Novatek, einen Anteil, den es aufgrund der geltenden Aktionärsvereinbarungen nicht verkaufen kann, da es TotalEnergies untersagt ist, Vermögenswerte an einen der sanktionierten Hauptaktionäre von Novatek zu verkaufen.“
Der Ölhändler und Verbündete von Wladimir Putin, Gennady Timchenko, der seit 2014 unter US-Sanktionen steht und in diesem Jahr unter EU- und UK-Sanktionen gestellt wurde, besitzt 23,5 % von Novatek. Der Gründer und Vorsitzende des Unternehmens, Leonid Mikhelson, steht unter britischen und kanadischen Sanktionen, wurde jedoch weder von der EU noch von den USA auf eine schwarze Liste gesetzt.
TotalEnergies ist ein Ausreißer unter den europäischen Ölunternehmen, wenn es darum geht, weiterhin Geschäfte in Russland zu tätigen. BP, Shell und Equinor haben alle angekündigt, ihre Anteile zu veräußern. BP hat den Wert aufgeschrieben seiner 19,75-prozentigen Beteiligung an Rosneft am 27. Februar, nur drei Tage nach der Invasion, mit einer Wertminderung von 25 Milliarden Dollar.
Es war jedoch nicht in der Lage, seine Aktien zu verkaufen, und Rosneft hat weiterhin Dividenden für BP reserviert, wobei derzeit 580 Millionen US-Dollar auf einem russischen Konto gehalten werden. Es wird erwartet, dass die gleiche Regelung für TotalEnergies gilt, wobei Dividenden auf ein Treuhandkonto in Russland gezahlt werden.
Nachdem sich die französische Firma seit dem Einmarsch in die Ukraine fast 10 Monate lang geweigert hatte, Russland zu verlassen, hat sie bereits erhalten 748 Millionen Dollar an Dividenden von Novatek und einem weiteren russischen Vermögenswert in diesem Jahr, was Kritik vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf sich zog, der die Zahlungen als bezeichnete “Blutgeld”.
TotalEnergies behält direkte Beteiligungen an zwei Gasbohr- und Exportunternehmen, Yamal LNG und Arctic LNG, beides Joint Ventures mit Novatek.
„Die Schlüsselfragen der heutigen Veröffentlichung lauten, warum jetzt und nicht früher“, sagte RBC-Analyst Biraj Borkhataria gegenüber Reuters. „Die Beteiligung an Novatek war unserer Ansicht nach möglicherweise die am wenigsten schwierige der Interessen von TotalEnergies.“
Die Entscheidung wurde von der Ukraine mit Vorsicht aufgenommen. Oleg Ustenko, ein Wirtschaftsberater des ukrainischen Präsidenten, sagte: „Es ist nicht das erste Mal, dass wir einige nette Nachrichten von Energieriesen oder anderen Unternehmen hören, die sagen, dass sie ihre russischen Geschäftsinvestitionen schließen. Aber wir müssen sicherstellen, dass sie durch Taten genau das tun, was sie gesagt haben.“
Die Kampagnengruppe Global Witness, die das französische Unternehmen aufgefordert hat, die Beziehungen zu Russland abzubrechen, sagte: „Nach neun Monaten hat Total endlich die Realität akzeptiert. In Russland investiert zu bleiben, hat nichts für die langfristige Energiesicherheit Europas getan und den Kreml nur gestärkt, da er Kriegsverbrechen in der Ukraine begeht. Das rechtliche Eigentum an den Novatek-Aktien oder zukünftigen Dividenden ändert sich dadurch nicht. Total bleibt mit gestrandeten Vermögenswerten stecken, die eng mit dem Krieg in der Ukraine verbunden sind.“