Hygiene im Haushalt: Wie sauber muss es sein?

Bakterien sind manchmal hochgefährlich, meist aber hilfreich. Alles wegzuputzen wäre also unklug. Zumal übertriebene Sauberkeit und die Zunahme von Asthma und Allergien zusammenhängen.

Wo befinden sich die meisten Bakterien im Haushalt?

Menschen sind Dreckschleudern. Und Mütter haben genug Fantasie, um den versifften Buggy und die akuten Verklebungen am Hochstuhl (nach Reinigung mit dem Spülschwamm!) ins Bakterien-Ranking (rechts) einzuordnen. Menschen produzieren sogar Dreck beim Putzen. Oft schlimmeren Dreck, als wir wegputzen.

Da drängt sich die Frage auf: Wenn sich auf Mopp und Schwamm die Bakterien nur so tummeln, soll Mom dann überhaupt noch wischen? Oder ist der Bakterien-Alarm übertrieben? “Er ist es”, sagt unsere ehemalige GEO-Kollegin und Dreck-Expertin Hanne Tügel, deren Buch “Sind wir noch ganz sauber?” (288 S., 17,95 Euro, Edel) über Schmutz, Umweltschutz und Gesundheit allen Müttern nur ans Herz gelegt werden kann. Zur Wisch-Frage führt Tügel weiter aus: “Die schönste wissenschaftliche Antwort darauf hat 2014 das Team um den niederländischen Mikrobiologen Remco Kort in seiner ‘Knutsch-Studie’ geliefert. Danach tauschen bei einem 10-Sekunden-Zungenkuss im Durchschnitt 80 Millionen Bakterien die Wirte. Von anschließenden Gesundheitsproblemen war keine Rede.

Für die Bakterienschwemme auf Feudel und Lappen gelten also einfache Grundregeln: Weder Mutter noch Kind sollten in Schwämme beißen oder den Wischmopp küssen. Und: Weniger ist mehr! Eine gute Balance von Schmutzen und Putzen sieht so aus: Abrüsten bei Körperpflege-, Wasch- und Putzmitteln! “Wir verwenden weit mehr und weit aggressivere Mittel, als es uns selbst und unserer Umwelt guttut”, gibt Tügel zu bedenken. “Aber Hygiene bedeutet eben nicht keimfreie Ultrareinheit, sondern vor allem das Bewahren und das Fördern von Gesundheit.” Die Ergebnisse einer kanadischen Studie*, veröffentlicht im Frühjahr 2020, geben ihr Recht: Wenn Kleinkinder in einem Haushalt aufwachsen, in dem der Putzteufel regiert, rächt sich das im Hinblick auf die Atemwege. Mit dem Einsatz von Haushaltsreinigern stieg die Wahrscheinlichkeit für Asthmasymptome.

Der menschliche Körper ist von Natur aus gerüstet, um mit Schmutz fertigzuwerden und gesund zu bleiben. Dafür sorgt das Immunsystem, eine kostenlose, unschätzbare Heilsarmee, lebenslang rund um die Uhr im Körper-Einsatz. Das klappt aber nur, wenn das Immunsystem früh mit Schmutz konfrontiert war, um sich zu trainieren. “Dreck reinigt den Magen”, sagt ein altes Sprichwort. Und zu den aktuell spannendsten Forschungsprojekten gehören solche, die mit Schmutzbakterien als Arznei Hoffnung auf Heilung bei Allergien und Asthma suchen und z.B. der Frage nachgehen: Wie können Keime aus dem Kuhstall schützen?

Diese drei Tügel-Tipps für einen klugen Umgang mit dem Schmutz haben uns besonders überzeugt:

  1. Die Devise “weniger ist mehr” gilt überall – außer beim Händewaschen. Das ist und bleibt wirklich die wichtigste Putz- und Hygieneregel.
  2. Frische Luft und Trockenheit dienen auch der Sauberkeit, weil Bakterien es gern feucht mögen. Also: Wischmopp und Schwamm so trocken wie möglich halten (und regelmäßig austauschen). Und: Waschmaschine und Geschirrspüler nach Gebrauch eine Weile offenlassen.
  3. Aber der beste Putztipp (und ohnehin der Traum jeder Mutter) überhaupt: ausschlafen! Das stärkt die ideale Putztruppe, die wir im eigenen Leib haben: das Immunsystem.

Anzahl Bakterien pro 10cm²

1.000.000.000: Wischmopp

100.000.000: Spülschwamm

124.000: Mülleimer

113.000: Kühlschrank

85.000: Schneidebrett

71.000: Türklinke

33.000: Toilettenrand

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BRIGITTE MOM 02/2020