„Es passte zu ihr, groß rauszukommen. Going very big’ – die unbändige Brillanz der Bildhauerin Phyllida Barlow | Kunst und Design

BArkaden und Leitbleche, schwankende Ebenen aus bemaltem Brett, unsichere Türme und Treppen ins Nirgendwo; bauchige Ovoide wie karikaturhafte Enthauptungen, die auf Stöcken montiert sind; große Schwaden aus hellem, aber deutlich verschmutztem Stoff, Stapel ausrangierter Paletten, hängende Seile, Säulen und Ideen – sie alle kollidierten in Phyllida Barlows oft weitläufigen skulpturalen Installationen. „Es ist sinnlos zu definieren, was Skulptur ist“, schrieb Barlow in einer Reihe von „Provokationen“ im Jahr 2018. Barlow, der im Alter von 78 Jahren gestorben ist, war nichts als provokativ – als Künstler, Lehrer, Dozent und Autor.

Konfrontativ, entwaffnend, manchmal verwirrend, hatte ihre Kunst eine unmittelbare physische Präsenz, ein Gefühl von unbezähmbarer Materialität und eine spürbare Vitalität. In ihr stehen 2014 Auftrag der Tate Britain die die Duveen-Galerien füllten, fürchtete ich manchmal um meine persönliche Sicherheit, ganz zu schweigen von meiner Kleidung, zwischen all dem Altholz, dem Maschendraht und der Pappmaché, den Gipsgüssen, all dem Beton, dem Scrim und dem Teer.

Ich hatte das Gefühl, ich müsste kriechen, um ihrer Arbeit für die auf den Grund zu gehen Hepworth-Skulpturenpreis in Wakefield, mit seinem Unterholz aus Säulen unter einem erhöhten, unzugänglichen Boden. Die Verhandlungen über die 22 Skulpturen, die ihren britischen Pavillon auf der Biennale in Venedig 2017 füllten, waren nichts für schwache Nerven. Es fühlte sich an, als ob ihre Skulpturen uns nicht wirklich dort haben wollten und die Dinge untereinander stritten.

Spürbare Vitalität … Folly, im britischen Pavillon während der Biennale in Venedig, 2017. Foto: David Levene/The Guardian

Barlow konnte auch persönlich konfrontativ sein, direkt, neckend, indiskret und zu kämpferischen Behauptungen neigen. Ihre Schriften offenbaren ihre Kämpfe mit ihren eigenen Selbstzweifeln. Doch so beängstigend ihre Skulpturen und Environments auch sein mochten, ihre Arbeit und auch die Künstlerin selbst hatten etwas Warmherziges.

In ihrer Kunst werden Dinge gestapelt, gestapelt und rangiert, sie falten sich, sie breiten sich aus, sie schwanken, sie sacken zusammen und brechen aus. Sie beschrieb ihre Kunst einmal als ein Abenteuer der Objekte. Sie schwelgte in dem Inkongruenten und Unsynchronisierten. Ihre Skulpturen hatten keine Manieren. Sie hatte ein großes Gespür für Leistung. Als die diskreten Elemente zusammen mit vielen Materialien aus dem Studio genommen und vor Ort konstruiert wurden, improvisierte sie ihre endgültige Form weitgehend. Sie wurde wie ihr Publikum zu einer Protagonistin des Dramas, und hier liegt die Energie ihrer Kunst.

„Warum versuchen, mit den Superkünstlern zu konkurrieren?“ fragte sie einmal. „Warum zu den Macho-Produktionsmitteln greifen, wenn man nur Däumchen drehen und Dinge aus der unmittelbaren Umgebung zusammenbauen konnte?“ Nicht der Steinhof der Schweißerei, sondern der überfüllte Container schien der Schmelztiegel ihrer Arbeit zu sein. Ihre Kunst war unbeholfen und unmäßig.

Phyllida Barlow in ihrem Atelier im Jahr 2018.
Phyllida Barlow in ihrem Atelier im Jahr 2018. Foto: © Phyllida Barlow Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin und Hauser & Wirth Foto: Cat Garcia

Erst in den letzten zwei Jahrzehnten fand sie Berühmtheit und ein Publikum außerhalb Großbritanniens, wo sie Künstlerin und eine vielgeliebte und großzügige Lehrerin für Generationen von Schülern war. Viele Jahre hatte sie wenig kommerziellen Erfolg oder gar Anerkennung. Die baufällige Komplexität und skulpturale Weite und Unbeholfenheit ihres Schaffens sprachen gegen sie. Ihre Arbeit war eher eine Reise als eine Spur einzelner Werke. Eins führt zum anderen und das andere und das andere.

Auch einzelne Werke waren eine Aneinanderreihung von Bewegungen und Passagen, Gags und Routinen. Going big suited Barlow. Es vergrößerte ihre Talente. Ganz groß zu werden, stand ihr am besten. Trotzdem waren ihre Werke trotz ihrer Größe anti-monumental, eine wunderbare Parodie auf die Geschichte der selbstbezogenen Männlichkeit der Bildhauerei, eine Burleske von skulpturaler Schwere. Sie spielte und kämpfte mit ihren widerspenstigen Materialien, in einer Kunst des Vergnügens und der Klage. Was für ein Verlust das ist.

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