Carmen Review – Lebhafte Wiederbelebung findet ENO in Kampfform | Oper

EDie English National Opera hat zwar einen Hinrichtungsaufschub erhalten, weiß aber, dass sie weiter kämpfen muss, um ihre Existenz zu rechtfertigen, und ihre jüngste Wiederaufnahme von Bizets Carmen schlägt gezielt zu. Calixto Bieitos Inszenierung, die hier erstmals 2012 zu sehen war, ist zu einer seiner beständigsten auf den Theatern weltweit geworden, und das aus gutem Grund: Die Vorliebe des katalanischen Regisseurs für Schocks und Gewalt ist in einer Oper zu Hause, in der hinter jeder guten Melodie eine Bedrohung lauert. Das schlichte, schwarze Bühnenbild von Alfons Flores zaubert wirtschaftlich eine imposante Atmosphäre, mit einem galgenartigen Fahnenmast, einer fast riechenden Telefonzelle oder einer riesigen Osborne-Stier. Wenn sich die Bühne kurz mit der unordentlichen Schmugglerflotte von Mercs aus den 1970er Jahren füllt, scheint es fast komisch überfüllt zu sein.

Die Soldaten in der Eröffnungsszene geben den Ton an: Voll mit aufgestautem Testosteron sind sie nicht nur gefährlich, sondern auch gefährlich kindisch. Die Frauen können sich dagegen behaupten: Diese Inszenierung mag zwar vor Weinstein entstanden sein, wirkt aber dank Jamie Mantons gekonnter Wiederbelebungsregie trotz reichlich beiläufiger Grausamkeit nicht übermäßig voyeuristisch. Manton bekommt von seiner Besetzung einige hervorragende Darbietungen – die letzte Szene ist zum Fingernagel nagend angespannt, obwohl man weiß, was passieren wird – und Christopher Cowells englische Übersetzung kommt klar rüber.

„Fesselnd“ … Sean Panikkar als Don José mit Costa-Jacksons Carmen. Foto: Tristram Kenton/The Guardian

Rückkehr als Don José, Sean Panikkar klingt anfangs etwas leichtgewichtig, gewinnt aber an stimmlicher Statur, wenn sich sein Charakter auflöst. Er ist am Ende fesselnd. Carrie-Ann Williams gibt ein beeindruckendes ENO-Debüt als späte Ersatzspielerin Micaëla, ihre Spitzentöne groß und strahlend, ihre leisesten Passagen etwas zu leise – so wie sie sind Nmon Ford‘s tiefe Töne als Escamillo, obwohl er ansonsten eine geschmeidige Prahlerei hat. Es gibt lebhafte Unterstützung durch die gesamte Besetzung, besonders von Keel Watsons arroganter Zuniga, und einem überschwänglichen Kinderchor, der aus zwei der örtlichen Grundschulen stammt, mit denen ENO zusammenarbeitet.

Aber alles dreht sich um Carmen. Ingwer Costa-Jackson, ein weiterer ENO-Debütant, ist magnetisch. Sie singt in einem starken, weindunklen Mezzosopran und weiß, wie man die Bühne durch die Stille hält. In ihrer Habanera und ihren anderen großen Soli wirkt sie nie gehetzt; die Welt geht in ihrem Tempo, dank der subtilen Atempause, die Kerem Hassan‘s Dirigieren leistet es ihr und die Präzision der Reaktion des Orchesters. Sie, der erweiterte Chor, ja die ganze Truppe sind in Kampfform.

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